Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Hofraum ein, der von Pfeiler-Arkaden umgeben und vermuthlich an die Stelle des ursprünglichen Kreuzganges getreten ist; von letzterem erhielt sich noch eine spitzbogige Arkade; auch die südliche, von starken Strebepfeilern unterstützte Mauer des Unterstocks stammt noch aus alter Zeit, wie ihre gedreiten gothischen Fenster bekunden. Der Bau wurde im Jahr 1668 den älteren Theilen aufgesetzt, um 1792–96 unter Herzog Carl mit einem Aufwand von 58.000 fl. umgebaut und bildet nun ein einfaches 3stockiges Gebäude, das im ersten Stock des nördlichen Flügels den großen, auf hölzernen Säulen ruhenden Speisesaal enthält; die übrigen Gelasse des alten und neuen Bau’s dienen als Lehrsäle und zu Wohnungen der Seminaristen und Repetenten. An der östlichen Seite liegt ein ummauerter Hofraum, an dessen Eingang das zweistockige Ephoratsgebäude steht. Der südliche Flügel des neuen Bau’s tritt etwas über die äußere Stadtmauer heraus; an ihm und der westlich anstoßenden Zwingermauer dehnt sich längs des Neckars der große Stiftsgarten hin.

5. Das in der langen Gasse gelegene Convict, das ehemalige 1588–92 von Herzog Ludwig erbaute Collegium illustre, wurde im Jahr 1817 für das katholische Seminar, Wilhelmsstift, eingerichtet und bildet ein mächtiges dreistockiges Steinhaus mit schlichten geraden Sprossenfenstern, kräftigen Gesimsen und hohen verzierten Renaissancegiebeln und umschließt einen großen rechteckigen Hof. Es ward auf der Stelle des ganz abgerissenen Franziskanerklosters errichtet, zum Theil aus Steinen, welche aus dem 1580 abgebrochenen Stift Einsiedel herbeigeschafft wurden; Baumeister war Georg Behr. An seiner Ostseite, in der Nähe der Nordostecke, steht ein großer runder Thurm, an seiner Westseite ein kleinerer, an seiner stumpfen Südostecke sind über dem weiten Rundbogeneingang zwei große Inschrifttafeln, dazwischen das württembergische Wappen, Alles in reicher Fassung und ausgezeichnetem Spätrenaissencegeschmack, angebracht. Im Hofe, um den einst eine Pfeilerhalle ging, von der sich an der Südseite noch Spuren erhielten, steht an der Nordwand ein schöner runder Treppenthurm. Der tiefe Ziehbrunnen im Hofe ist zugemauert, dafür läuft jetzt ein einröhriger Brunnen. Hinter dem Gebäude liegt ein großer Garten. Das Convictsgebäude enthält die Lehrsäle, die Wohnungen des Direktors, der Convictoren, der Repetenten und des Famulus.

An der Westseite des Convictgartens steht die katholische Kirche, ursprünglich städtisches Zeughaus, später Ballhaus und 1817–18 mit einem Aufwand von 8000 fl. zur Kirche eingerichtet; sie ist in einem ganz einfachen, modernen Rundbogenstil erbaut. Das Innere,

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_228.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)