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sich außer dem ebengenannten Steine der Löwe und der Drache, die jetzt am Nordportal der Kirche eingesetzt sind, sowie verschiedene in das Quaderwerk eingemauerte Steine mit Rundbögchen, Theile des alten Rundbogenfrieses, oder mit uralten Steinmetzzeichen. An der Ostseite des jetzigen Thurmes zeigen sich noch Spuren eines hier einst angebaut gewesenen flachen Giebels; der dazu gehörende Bau war bedeutend niedriger und stand weiter gegen Süden, als die jetzige Kirche; sind es wohl die schwachen Andeutungen der ersten, romanischen Anlage ?

Das Jahr der Gründung des Thurms ist nicht auf uns gekommen; dem Stile seiner untern Halle nach zu schließen, fällt sie in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts. Hiemit stimmt auch die Inschrift eines Grabsteins an dem großen spitzbogigen Eingang seiner Nordseite überein.

† albrecht hurnus der alt und Irmel sin hus-
frow und albrecht hurnus der jung und adelheit
kesslerin von bondorf agnis von husen und adel-
heit schniderin all sin husfrowen anno domini
MCCCCXXXX.

Die zweite Kirche wurde wenigstens in ihren westlichen Theilen gleichzeitig mit dem Thurm aufgeführt, und, wie die neueste Abhebung des Bodens der jetzigen ergab, in einer Breite von 60′ angelegt; auch die Höhe und Form ihres Daches läßt sich noch genau verfolgen an dem steinernen Schutzgesimse, das an der Ostseite des Thurmes hinläuft; es war beträchtlich niedriger als das jetzige Dach. Die südlich vom Chore stehende zweistockige mit zwei Netzgewölben übersprengte Kapelle fällt ihrem Stile und ihrer Stellung nach auch noch vor die Zeit der dritten Anlage, man sieht den über Eck stehenden Strebepfeiler ihrer südwestlichen Ecke in die jetzige Ostwand des Langhauses eingebaut. Der Thurm war ursprünglich auf drei Seiten frei; man sieht noch an seinen östlichen Ecken ganz deutlich, wie hier die alte Westwand der Kirche mit Verzahnung in den Thurm eingriff; diese Mauer wurde später weggerissen, als man den ganzen Bau erweiterte und die dritte, die jetzt stehende spätgothische Kirche baute; man begann sie 1470 unter Eberhard im Bart, die früheren Verhältnisse genügten lange nicht mehr, die Kirche wurde jetzt auf 104′ lichte Breite erweitert, mit dem Chore fuhr man bis an den äußersten Rand der uralten Stadtmauer hinaus, so daß man, um einen Umgang zu gewinnen, einen Laufgang erkerartig hinausbauen mußte, den man mit schönem durchbrochenem Steingeländer versah. Ebenso

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_217.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)