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von Herzog Ulrich 1507; auf ihm befindet sich jetzt das astronomische Observatorium; an der südlichen Ecke stand ein ganz ähnlicher 1516 erbauter Thurm, der am 4. März 1647 von den Franzosen vor dem Sturme auf das Schloß (s. u.) weggesprengt und nach erfolgter Übergabe durch einen niedrigeren, weit und spitzig vorspringenden fünfeckigen Thurm ersetzt wurde. Die nordwestliche Seite wurde, nachdem 1542 der hintere Wall gegen das Hagthor plötzlich zusammengestürzt war und einige Häuser mit seinen Trümmern bedeckt hatte, über den Gängen und Verließen der älteren Zeit aufgeführt. An der Nordwestecke des Schlosses ragt eine stattliche viereckige Bastei aus dem Graben empor und an der südwestlichen Ecke deckt ein dicker runder Thurm, der älteste des ganzen Schlosses, den hinteren Schloßeingang. Hier führt ein altes Ausfallthörchen, über sich einen rechteckigen Schutzerker tragend, gegen Süden hinaus. Zwischen beiden Werken liegen seit langer Zeit in Trümmern der Pulverthurm und das Zeughaus.

Der ausgedehnte, fast noch einmal so lange als breite Schloßhof hat in den vier Ecken aus der Zeit des Neubaues steinerne Treppenausbauten, worunter an der Nordwestseite ein schöner, außen achteckiger, innen runder Schneckenthurm; an dem südöstlichen Treppenhause sind unter den Treppen Grabplatten aus spätgothischer Zeit verwendet.

An der Südseite des Hofes führt in den Bibliotheksaal ein großes, dem inneren Schloßthor ähnliches Portal von ausgezeichneter Renaissancearbeit; es ist noch vollkommen erhalten und mit feinem flach erhabenem Arabeskenwerk reichlich geschmückt. Die Wände des zweiten Stockes bestehen hier aus tüchtigem Holzbau, an der Südseite hin zieht ein weit hinaus ragender Laufgang; Herzog Friedrich hatte einst einen solchen um den ganzen Hof herumgeführt.

Im ersten Stockwerk des aus vier Flügeln bestehenden Schlosses enthält der südliche die ehemalige Schloßkirche (s. unten), einen freundlichen Betsaal mit Taufstein und Orgel, Übungsstätte für die angehenden evangelischen Prediger, zum Gebrauch des 1816 von dem damaligen Professor Bahnmaier eingerichteten Predigerinstituts. Hier befindet sich auch ein Ölgemälde von 1715, die Kreuzigung Christi darstellend, auf dem die Namen der damaligen Artilleristen, Stuckjunker, Büchsenmeister und Zeugwarte angegeben sind. Weiterhin gegen Westen das alte jetzt wieder neu eingerichtete, noch gewölbte Laboratorium und sonstige gewölbte Räume, endlich ein Gefängniß, des Teufels Küche genannt.

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_214.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)