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der älteste Theil der Stadt hingebaut. Der tiefste Punkt der Einsattelung befindet sich an der Ostseite der St. Georgskirche; von hier an erhebt sich das Terrain wieder gegen das Kameralamtsgebäude, das schon auf einem kleinen Vorsprung des Österbergs, der Schulberg (mons anatolicus) genannt, liegt. Der Rückenausläufer des Spitzberges bildet an der Südseite einen steilen Abhang, an dessen Fuß der Neckar hinfließt, die Nordseite fällt ebenfalls stark ab, verflacht sich aber gegen unten in das ziemlich breite Ammerthal. So konnte eine größere Ausdehnung der Stadt am leichtesten auf der Nordseite geschehen. Das Schloß und die auf den Rückenausläufer gestellten Häuser waren also auf der Süd- und Nordseite von Natur fest und wurden an den von Westen und Osten her zugänglichen Seiten künstlich unzugänglich gemacht; wir haben demnach die Stadt in ihren ersten Anfängen als eine theils natürlich feste, theils künstlich befestigte Bergstadt zu betrachten.

Die erste Veranlassung zur Gründung derselben gab das an ihrem westlichen Ende hoch gelegene, stark befestigte Schloß Hohen-Tübingen, an welches die Stadt sich anschloß und in dessen Befestigung sie mittelst der von ihm ausgehenden Ringmauern gezogen wurde.

Schon in sehr früher Zeit mag sich die Stadt gegen Norden in die Ammerniederung erweitert haben, was die daselbst stehende, sehr alte St. Jakobskirche und andere ältere Gebäude nachweisen (s. hier. unten). Den ältesten Stadttheil müssen wir aber jedenfalls auf dem von Natur festen Rückenausläufer suchen, wofür auch die uralten Spuren der ursprünglich im frühromanischen Styl erbauten St. Georgskirche entschieden sprechen.[1] Ehe Tübingen unter württembergische Herrschaft kam, bestand es aus einer obern Stadt, wo die Reichen und Vornehmen wohnten, und einer untern Stadt, dem Wohnsitze des Mittelstandes. Eine neue Periode für die Stadt begann nach der Mitte des 15. Jahrhunderts, und besonders seit der Gründung der Universität, deren Gebäude um die St. Georgenkirche aufgeführt wurden und den noch heut bestehenden Hauptcharakter der Stadt vollendeten, nahm sie an Stattlichkeit und Größe zu.

So unzweckmäßig uns jetzt die Anlage eines großen Theils der Stadt erscheint, so zweckentsprechend war dieselbe den früheren Verhältnissen,


  1. Domus sita apud ecclesiam b. Georii in Urk. v. 1290 (Mone. Zeitschr. 14, 98), damals von den von Hailfingen an das Kl. Bebenhausen gekommen, bestund – mit Nachbarhäusern – wohl schon lange vorher. „Kirchgasse 1323. Schmid Pfalzgrafen, Urk. 126.
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_202.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)