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vier gesündesten Orte (auf den Härdtern) Jettenburg, Immenhausen, Mähringen, Wankheim) geradezu entgegengesetzt ist, da bei den letzten in manchen Jahren die jüngere Altersstufe (46–70), in den vier Fieberorten dagegen die höchste Altersklasse entweder gar nicht oder nur ganz schwach vertreten ist. – Der Versuch, bei Gelegenheit des Eisenbahnbaus (1861) die Quelle der Malaria durch Ausfüllung und Canalisirung der Blaulache zu verstopfen, scheiterte an der Zähigkeit der beiden am stärksten heimgesuchten Orte, während gerade die am wenigsten betroffenen (Lustnau und Pfrondorf) die freigebigsten Offerte machten und der Staat seinen Beitrag von einer erklecklichen Anstrengung der Beschädigten abhängig gemacht hatte.

Das Verhalten der eigentlich epidemischen Krankheiten hat wohl nur wenig Eigenthümliches im Bezirk. In der kalten Jahreszeit herrschen durchaus die pneumatischen Affektionen (catarrhalischer und entzündlicher Natur) in der warmen die gastrischen, während die Übergänge von einem Extrem zum andern durch das Gleichgewicht beider bezeichnet sind.

Der Typhus zeigt als intercalare Erscheinung ein sehr beschränktes Vorkommen in zweierlei Typen: 1) als vorübergehende Epidemie eines oder mehrerer Orte, 2) als förmlich sich einwurzelnde Endemie in einer oder der andern Gemeinde.

Es sind durchaus eigenthümliche Terrainverhältnisse, welche diese typhöse Morbilität bedingen. Mit der Meereshöhe hat die Genesis innerhalb eines so engen Rahmens von 1100–1600′ entfernt nichts zu thun. Jene Eigenthümlichkeit besteht in einer die Zuströmung der herrschenden W.-Winde hemmenden Einsenkung, entweder in eine einfache Terrainmulde oder in ein Querthal von meridianer Richtung; gleichviel ob diese Depression auf ein Hochplateau oder in eine Thalsohle falle. Es fehlt hier die Luftpolizei der Winde, möge nun das Miasma dem Grundwasser oder dem Sumpfe der Oberfläche entkeimen. Unter den Orten, wo sich der Typhus eine längere Reihe von Jahren hindurch festwurzelte, sind zu nennen das hochgelegene Hagelloch und das im Steinlachthal immer noch hochliegende Dußlingen. Beide aber sind schon seit einem Jahrzehnt von ihrem Alp befreit. Von den übrigen Orten, welche sich durch einzelne größere Typhusepidemien auszeichneten, sind Kusterdingen und Walddorf hervorzuheben.

Die Masern erschienen in den letzten Jahrzehnten sehr häufig, waren aber mit weniger Ausnahme (1861) gutartig. Sehr selten dagegen ist Scharlach, abgesehen von der Pandemie des Jahres 1862, wo 225 Kinder dieser Seuche erlagen; etwas häufiger zeigten sich die

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_113.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)