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in Franken und am Niederrhein der Fall war, wo die Felder auch am Tage buchstäblich von Mäusen wimmelten, finde ich nicht aufgezeichnet; Schübler wenigstens spricht nicht davon. – Hingegen erfährt man von Genanntem, daß in Tübingen die Hausratte (Mus rattus L.) schon vor etwa vierzig Jahren durch die Wanderratte (Mus decumanus Pall.) vertrieben worden ist. In der Schweiz war die Wanderratte bis 1809 unbekannt; nach dieser Zeit scheint sie dort wie hier eingetroffen zu sein, so daß gegen 1820 hin die Hausratte in Tübingen zur großen Seltenheit geworden war.[1] Die durch ihren künstlichen Nestbau berühmt gewordene Zwergmaus (Mus minutus Pall.) ist in hiesiger Gegend noch nicht gefangen worden; das Exemplar der Sammlung stammt von Berlin. – Aus der Gruppe der Schläfer, welche nur Nachts oder am frühen Morgen zum Vorschein kommen, wird der große graue Schläfer (Myoxus glis L.) für die Tübinger Gegend schon von Schübler aufgeführt: „findet sich hie und da auf Feldern.“ Ich habe ihn ebenfalls schon einigemal aus den hiesigen Wäldern bekommen und längere Zeit am Leben erhalten; auch die Exemplare der hiesigen Sammlung sind laut Handschrift des Hrn. Prof. v. Rapp von Tübingen; was alles ausdrücklich bemerkt sein mag, da ein genauer Schriftsteller, G. v. Martens, von unserm Thier sagt, es finde sich nur in Wäldern der wärmeren Gegenden Württembergs, z. B. bei Mergentheim, Heilbronn. – Myoxus avellanarius L. (Haselmaus) kommt ebenfalls vor, doch wie mir scheint, weniger häufig als an manchen anderen Orten. – Myoxus nitela Schreb. gehört, wie ein Exemplar der Sammlung aus Kilchberg, von Prof. v. Rapp etiquettirt, beweist, auch der hiesigen Gegend an. Doch ist das Thier jedenfalls viel seltener als die beiden anderen Arten, und dem Schreiber dieses ist es noch niemals zugebracht worden. – Mit Interesse liest man bei unserem oft angezogenen wackern Faunisten die Notiz: „Wilde Kaninchen fanden sich früher in hiesiger Gegend am Abhang des Spitzbergs, sie sind jedoch schon seit mehreren Jahren wegen des Schadens, welchen sie in den Weinbergen anrichteten, ausgerottet.“ – Eine Merkwürdigkeit der hiesigen Gegend war bis in’s Jahr 1816 hinein die Menge des Rothwildes (Cervus elaphus L., C. capreolus L.) und auch des Schwarzwildes


  1. Von dem aus Ägypten nach Italien, Frankreich und Schweiz bis jetzt vorgedrungenen M. alexandrinus Geoffr. (M. tectorum Savi) ist hier noch nichts sichtbar geworden, was erwähnt sein mag, da sie nach einer Angabe bei Blasius schon in Stuttgart beobachtet worden wäre.
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 083. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_083.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)