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Ächte Spinnen (Araneae) kommen dem mit dem Insectenfang Beschäftigten beim Umwenden der Steine, beim Sieben von Laub, beim Abklopfen der Büsche von den allerersten Frühlingstagen bis tief in den Herbst hinein in Menge und ausgezeichnet durch Gestalt und Farbe zur Ansicht, können aber bekanntlich wegen Weichheit und Zartheit ihres Körpers nicht wie Insecten aufgesteckt werden, weswegen ihr Studium schwieriger und zeitraubender ist. Auch Verfasser kann sich nicht berühmen, diese Gruppe bisher näher studirt zu haben und vermag nur Einiges vorzulegen. – Wir haben zahlreiche schön gefärbte Arten von Salticus. – Dolomodes fimbriatus L. (marginatus Panz.) findet sich an Wassergräben im Goldersbacher Thal. – Lycosa saccata L. ist in trockenen Waldungen gemein. – Dann habe ich ein paarmal im Herbst eine mir sehr auffallende fast 6′′′ große Lycosa von durchweg schwarzer Farbe unter Steinhaufen, die seit Jahren unberührt gelegen haben mochten, auf der Waldhäuser Höhe getroffen. – An Stämmen der Föhren des Schloßberges ist nicht selten der auffällige Artamus jejunus Panz., aber von solcher Schnelligkeit der Bewegungen, daß es sehr schwer hält, ihn zu haschen. – Wie überall gemein ist Thomisus citreus Walk. auf Blumen; Sparassus smaragdula Fabr. in Wäldern. – Erwähnungswerth möchte sein, daß die Kreuzspinne (Epeira diadema L.) hier bei Tübingen nicht entfernt in der Menge getroffen wird, als solches im Spätsommer und Herbst in wärmeren Strichen der Fall ist. – Vermißt habe ich auch bisher in hiesigen Gewässern die Argyroneta aquatica L., durch ihr glockenförmiges Gewebe bekannt; im Mainthal ist sie häufig.

Nachträglich zu den Afterspinnen sei bemerkt, daß in den alten Häusern Tübingens nicht selten Chelifer cancroides L. den Blick auf sich zieht; dann beim Sieben von Moos und Laub an Heckenrändern, des Mulms der Bäume kommen außer Obisium muscorum Leach, und zwar schon im März, noch mehrere andere Species vor, welche ich zwar, in Canadabalsam eingeschlossen, als saubere Präparate vor mir habe, die aber bisher noch auf Determinirung warten. (Durch genannte Fangart verschafft man sich auch die Thiere gleich in ziemlicher Menge, während man ihnen sonst bekanntlich nur hin und wieder vereinzelt begegnet.[1]


  1. Den Bücherscorpion habe ich mehrmals schmarotzend an Phalangium opilio, auch einmal an einer Schmeißfliege, angetroffen und daß dieses nicht etwas Zufälliges war, geht aus einer andern Beobachtung hervor. Bei einem in Weingeist aufbewahrten Acrocinus longimanus (großer Bockkäfer aus Südamerika) fand ich unter den Flügeldecken, genauer unter den eigentlichen oder häutigen Flügeln und dem Abdomen ebenfalls einen stattlichen Chelifer (Ch. americanus Degeer)!
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 054. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_054.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)