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6. Gebirgsarten und Mineralien.[1]

Der älteste Formationspunkt liegt im Ammerthal bei der königlichen Domäne Ammern, er gehört den untersten Gliedern des Keupergypses an. Die ächte Lettenkohle dürfte wohl nirgends ins Oberamt hereingreifen, selbst bei dem 230′ tiefen Bohrloche des Tübinger Anatomiebrunnen wurde sie nicht erreicht. Auf dem entgegengesetzten Ende ragt über Gönningen der kleine und große Roßberg hervor, der auf seinem Gipfel die plumpen Felsen vom weißen Jura δ zeigt. Die jüngern Glieder, namentlich Dolomit und Plattenkalke, gehören schon dem benachbarten Oberamte Reutlingen an.

Der Keuper zeigt sich ungewöhnlich reich an Gyps, namentlich in dem Gebirgszuge zwischen Neckar und Ammer. Wir haben einen untern, welcher bei Ammern noch so eben über die Oberamtsgrenze herübergreift, und sich durch Knochenführende Steinmergel auszeichnet, die großen Sauriern angehören, wo zwischen sich hin und wieder einzelne Zähne von Ceratodus runcinatus finden. An den Knochen scheidet sich gern Malachit aus. Wo die Mergel blosliegen, zeigen sie eine eigenthümliche dünnplattige Zerklüftung, welche senkrecht gegen die Schichtung steht. Der obere Gyps wächst bis zum krystallisirten Sandstein herauf, scheidet sich mehr in gerundeten Klumpen aus, und läßt sich in ansehnlichen Massen auf der Neckarseite unter dem Spitzberge weg bis in die Nähe des Schlosses bei Tübingen verfolgen. Überall lagert deutlich zwischen beiden der

Schilfsandstein. Schwärzloch und die Neckarbrücke bei Tübingen stehen darauf. Im Käsenbach sind schon Steinbrüche darin eröffnet gewesen. Er zieht sich längs des Goldersbach von Lustnau bis Bebenhausen, wo Sandsteinwände von 20′ Mächtigkeit anstehen, aber zu thonig und weich, doch mit allen sonstigen Kennzeichen des ächten Stuttgarter Werksteins. Er beginnt an der Hasenbühler Steige nordwestlich Tübingen mit kleinen höchst eigenthümlichen Zäpfchen, die an der untersten Platte herabhängen und von grünem Leberkiese umhüllt sind.

Der Krystallisirte Sandstein mit vortrefflichen Wellenschlägen zeichnet sich durch ganz besondere Härte aus, die vom Gehalt an Kieselerde abhängt. Wo sie krummflächig auf einander gepackt liegen, wie bei Schwärzloch und im Elysium, führen sie auf der Unterseite Afterkrystalle von Steinsalzwürfeln. Darüber und darunter lagern die weichern bunten Mergel, die durch ihre Wechsel Wasserfälle erzeugen.


  1. Von Professor Dr. v. Quenstedt.
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 029. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_029.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)