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1) Bei der Ziegelhütte, westlich von dem Feuersee, geht von der Stuttgart-Bothnanger Straße eine Römer-Straße ab, die über die sog. Röthe, an dem Pulvermagazin vorüber, auf den Hasenberg und Birkenkopf zieht; von hier führte sie durch den Bürgerwald bis zu dem Christophsstollen, wo sie in die von Canstatt über Feuerbach herkommende Römer-Straße eingeht und ihren Zug über den Pfaffenwald und den Endelberg bei Vaihingen bis Böblingen etc. fortsetzt (s. über den Zug dieser Straße die Beschreib. des Oberamts Stuttgart S. 106 u. Württ. Jahrbücher 1833 I. S. 196, 1834 II. S. 383 u. 1835 II. S. 376). Rückwärts sind die Spuren der Straße längst durch die Cultur vertilgt worden; übrigens scheint sie gegen Nordosten an dem abgegangenen Tunzhofen (s. unten) vorüber, den alten Postweg hinauf gegen die Altenburger Höhe bei Canstatt gegangen zu sein. Die Straße, welche schon im Jahr 1350 als „alter Hertweg“, d. i. alter Heerweg, vorkommt, zeigt im Rothenwald und sonst noch häufig ein wohlgefügtes Pflaster, das bei einer neuestens vorgenommenen Verbesserung des Weges an vielen Stellen ausgebrochen und zu Tage gelegt wurde.

2) Eine Römer-Straße führt unter der Benennung „Heerweg“ von Degerloch herunter an dem Gute des Kammer-Musikus Krüger vorüber und zieht unterhalb der Bierbrauerei von Paul Kolb auf die Land-Straße; hier verschwindet sie eine Zeit lang und kommt erst nächst der Stadt hinter der Wohnung des Werkmeisters Speidel unter der Benennung „Hühnergäßle“ wieder zum Vorschein. Dieses sog. Hühnergäßle hieß ursprünglich Heergäßle, aus dem im Munde des Volks Heargäßle wurde, das man endlich in Hühnergäßle übersetzte. Die Römer-Straße (Heergäßle) führte von hier bald über den Nesenbach, daher diese Stelle heute noch die Fuhrt genannt wird. Der weitere Zug der Straße kann nicht mehr ermittelt werden, indem hier die Stadt beginnt, die jede Untersuchung unmöglich macht; ohne Zweifel lief die Straße in die zuerst beschriebene ein und stellte einst die Verbindung der Niederlassung bei Canstatt mit den römischen Wohnplätzen auf den Fildern etc. her.

3) Eine weitere alte Straße, die übrigens als eine römische nicht nachgewiesen werden kann, ist die sog. Heusteig; sie wird auch die lange Heusteig genannt und kommt schon 1286 als „Hoestegg“ vor. Hieraus geht einerseits das hohe Alter der Straße hervor, andererseits bekundet die Benennung „Steig“, namentlich „lange Steig“, daß dieselbe kein gewöhnlicher Feldweg, sondern wirklich eine Straße von Bedeutung war. Betrachtet man die obere Heusteig etwas näher, so fällt zunächst in die Augen, daß sie mit der ursprünglichen Stadt, welche in der Nähe der Stifts-Kirche ihren Anfang nahm, wohl in keiner Verbindung stand; zugleich darf der tiefe Einschnitt, den sie vom Fuß des Berges bis zu dem Gute des General-Lieutenants von Spitzemberg zeigt, nicht übersehen werden, indem dieser eine kunstmäßig angelegte Straße annehmen läßt. Die Verlängerung der Heusteig gegen Nordosten führt in dem sog. Kanonenweg und weiter auf die Straße nach Gaisburg; gegen Südwesten verlängert sie sich von dem Bopser-Brunnen in die sog. Burgsteig, wo an einzelnen Stellen ihre ehemalige Pflasterung noch sichtbar ist, bis zu der Weißenburg und weiter durch den Wald Wernhalde etc.

Aus diesen Straßen läßt sich die wohnliche Niederlassung der Römer in dem Stuttgarter Thale insofern folgern, als dieselben regelmäßig da, wo sie Straßen über ein Thal führten, Wohnplätze oder Befestigungen anlegten. Vielleicht hatten sie an der Stelle des

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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 451. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0451.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)