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welcher 1806 in Folge der allen Religions-Bekenntnissen eingeräumten Gleichberechtigung in eine vollkommene Parochial-Kirche überging und, anfänglich exemt und mit besonderen Facultäten von Rom versehen, 1816 zur Decanats-Pfarrei erhoben, 1818 aber dem General-Vicariat und späteren Bisthum Rottenburg untergeben wurde. Die katholische Garnisons-Gemeinde wurde 1807 errichtet. Die Gemeinde hat sich seit 1807, wo sie 140 Genossen zählte, mehr als verzwanzigfacht, da die Zahl schon 1846 3039 betrug. – Ein Verein katholischer Dissidenten oder Deutsch-Katholiken bildete sich am 23. März 1845, und hielt erstmals am 29. Juni in der reformirten Kirche Gottesdienst mit deutscher Messe, Gesang und Austheilung des h. Abendmahls in beiderlei Gestalten. Ihre Zahl war 51. Eine Verfügung der Kreis-Regierung vom 30. Januar 1846 spricht die Duldung des Vereines aus, ohne ihm jedoch Corporations-Rechte zuzugestehen, und gestattet gemeinsame Religionsübung in der Form eines Privat-Gottesdienstes, indem er zugleich die Bestätigung des Geistlichen (der bereits gewählt war), der Regierung vorbehält, die Taufen und Beerdigungen aber der Controle der evang. Stadt-Pfarreien unterstellt und die Gültigkeit der Ehe von der Trauung durch einen evangelischen Geistlichen abhängig macht.

Was endlich die Israeliten betrifft, so werden solche nebst einer Juden-Schule (in der Juden-Gasse) schon 1350 erwähnt. In den Jahren 1347 bis 1349, wo die furchtbare Seuche des „schwarzen Tods“ auch in unseren Gegenden wüthete, und Tausende des „wuchernden Volks, welches den Herrn getödtet“ den Feuertod starben, weil sie die Brunnen vergiftet hätten, erfolgten solche Verbrennungen wie in mehreren anderen Städten auch in Stuttgart (v. Stälin Würt. Gesch. III. 244.) Im Jahr 1492 wurden die Juden zwar aus der Stadt verbannt; sie kamen aber 1519 wieder und fielen 1521 wegen vieler Klagen über ihren Wucher abermals in Verbannung. Später wurden nur Einzelne als Schutzgenossen (Hofjuden) aufgenommen; aber seit Anfang des jetzigen Jahrhunderts wanderte eine größere Zahl, namentlich aus Hechingen, ein. Nachdem unterm 25. April 1828 das Gesetz in Betreff der öffentlichen Verhältnisse der israelischen Glaubens-Genossen ergangen war, wurde 1832 hier eine isralitische Kirchen-Gemeinde mit öffentlichem Gottesdienst und 1835 das Rabbinat errichtet. Die Zahl der hiesigen Juden hat sich seit 1809 verdreifacht, da sie von 76 auf 234 im J. 1846 gestiegen ist.

3. Besondere Schicksale.

Bei dem ersten namhaften Ereignisse, welches die Geschichte von Stuttgart aufbewahrt hat, tritt es bereits als eine feste,

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 445. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0445.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)