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Täufer geweiht gewesen zu sein, da an dem an diesem Tage Statt findenden sehr alten Markte auch eine Wallfahrt zur Kirche herkömmlich war. Als ehemaliges Filial von Altenburg der Stifts-Kirche einverleibt und von dieser aus versehen, wurde 1375 in ihr eine vom Stifte dotirte und vom Propst zu vergebende ewige Messe zur S. Maria errichtet; 1587 aber wurde die Pfarrei nach Gaisburg, das bis dahin nach Berg eingepfarrt war, verlegt. – Auch Gablenberg hatte eine Capelle, bis dasselbe, wie es scheint, gleichzeitig mit Berg, nach Gaisburg umgepfarrt wurde. – Die Liebfrauen-Capelle zu Heslach wurde aus Anlaß einer 1497 zu derselben entstandenen Wallfahrt 1503 vergrößert. Nach der Reformation abgebrochen, wurden die Steine zum Canzleibau S. 126 verwendet und 1554 das noch stehende Kirchlein gebaut. – Die Zahl der hiesigen Stifts- und Welt-Geistlichen betrug daher 45–50, die der Mönche und Beguinen 36–40. 1

Bei dem großen Ärgerniß, das der Wandel mehrerer derselben gab, mußte die Reformation bald Beifall finden. Alex. Märklin, der Lehrer der lateinischen Schule, früher Prediger-Mönch hier und Reuchlins Anhänger, mußte sich um 1524 durch die Flucht den Verfolgungen der damaligen österreichischen Regierung entziehen. Johann Mantel aber, ein geborener Nürnberger, seit 1511 Prediger bei St. Leonhard, wo er jetzt das Evangelium lehrte, wurde in schwere Haft nach Nagold abgeführt. Zugleich verfuhr man scharf gegen die Wiedertäufer, deren sogenannter König, Augustin Baader aus Augsburg, 1530 auf dem Markt-Platz enthauptet ward. Erst nach Herzogs Ulrich Zurückkunft wurde die Reformation hier begonnen, womit Erhard Schnepf, der nachmalige erste Hospital-Prediger, beauftragt war; am 2. Febr. 1535 ward die Messe in der Stifts-Kirche abgeschafft und am 14. Febr. das Abendmahl unter beiderlei Gestalten ausgetheilt. Doch geschah dieß nicht ohne Widerstreben eines Theiles der Bürgerschaft, namentlich aus den angeseheneren Familien, und der Stiftsherren. Der Herzog trat der Stadt und ihrem Armenkasten das Einkommen der Brüderschaften und einiger Caplaneien, sowie das Prediger-Kloster und das Beguinen-Haus bei den hohen Krähen ab und übernahm die Besoldung der neuerrichteten geistlichen Stellen, wogegen die übrigen geistlichen Güter dem Kirchenkasten des Landes einverleibt und dem schon erwähnten Stifts- und Geistlichen-Verwalter in Administration gegeben wurden, welcher die Abfindungen und Leibgedinge der nicht übergetretenen Geistlichen bestritt. – In Folge des Interims wurde zwar am 15. August 1548 der katholische Cultus wieder eingeführt; doch geschah dieß nur in der Stifts-Kirche, und auch hier erreichte

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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 442. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0442.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)