Seite:OAStuttgartStadt0375.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

nächsten Aufsicht ein eigener Schul-Inspector aufgestellt. – Die nichtstädtische, bald nach Errichtung der Garnisons-Pfarrei gegründete, evangelische Garnisons-Schule ist in Folge des Gesetzes über die Volks-Schulen vom 29. Sept. 1836 eingegangen. – Von europäischem Rufe war die Carls-Academie[1]. Ursprünglich ein 1770 von Herzog Carl Eugen gegründetes militärisches Waisenhaus auf der Solitude, in welchem nur die schönen Künste gelehrt wurden, 1771 zur „militärischen Pflanz-Schule“ erhoben, und mit weiteren Lehr-Fächern auch Ausländern geöffnet, und 1774 zur „Militär-Academie“ erweitert, wurde die Anstalt 18. Nov. 1775 hierher (in die sog. Academie-Gebäude, S. 159) verlegt und der Unterricht auf fast alle Fächer der Kunst und Wissenschaft ausgedehnt. Kaiser Joseph II., der sie 1777 besuchte, erhob sie am 22. December 1781 zur Hochschule, worin alle Facultäten, mit Ausnahme der Theologie, vertreten waren. Dabei wurden auch Staats-Wirthschaft, Handels-Wissenschaft und Kriegs-Wissenschaft vorgetragen; sogar die bildenden Künste, die Tonkunst, die Schauspiel- und Tanz-Kunst wurden gelehrt. Seit 1774 fanden auch Söhne aus den gebildeten Ständen des Inlandes und Auslandes kostenfreie Aufnahme, und erst später waren, ohne daß es jedoch zur ausschließlichen Regel wurde, Pensions-Gelder zu entrichten. Bald war eine Zeit, wo über 1/3 der älteren Zöglinge aus Fremden von fast allen Theilen Europa’s bestand[2]. Es war auch für den Elementar-Unterricht gesorgt und der Zutritt auch Nicht-Zöglingen gestattet. Die Zöglinge aber, gewöhnlich etwa 300 an der Zahl, wohnten, lernten und speisten gemeinschaftlich in großen Sälen, erholten sich in geräumigen Höfen und einem Garten, wo Jeder sein Stückchen zur freien Benützung hatte. Die Aufsicht und ganze äußere Einrichtung war und blieb militärisch. Der Herzog besuchte (bis 1791) die Anstalt täglich, leitete die Erziehung unmittelbar und wohnte den Vorträgen und Mahlzeiten bei. Aus dieser Schule sind Männer hervorgegangen, die zu den ausgezeichnetsten des Jahrhunderts gehören, sowohl Schiller, Cuvier und


  1. S. Beschreibung des Säcular-Festes der Geburt Herzogs Carl etc. in Paulus Sophronizon 1828. II. S. 3 etc. und Schlözers Briefwechsel V. 109. 149. 331. VI. 274.
  2. In der Zeit von 1770 bis 1793 war die Zahl der Zöglinge 1496, die der Studirenden aus der Stadt 462, zusammen 1958; darunter Württemberger 1004, Mömpelgarder 63, aus anderen Theilen Frankreichs 90, aus den österreichischen Staaten 49, aus anderen deutschen Ländern 571, Schweizer 68, Russen 38, Polen 19, Engländer 22, Italiener 9, Holländer 4, Dänen 3, Schweden 2, Griechen 2, Ostindier 7, Westindier 5.
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 375. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0375.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)