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Handwerks-Gehilfen als Zulage zum Zunft-Geschenke, und 249 fl. an auswärtige Gemeinden für ihre gewöhnlich hier bettelnden Angehörigen. Wie schwer auch unterstützungswürdige Arme von den eigentlichen Bettlern unterschieden werden können, so hat der Verein doch viel zu Bewältigung des Übels gewirkt, da namentlich das Betteln der Kinder und Handwerks-Gehilfen beinahe ganz aufgehört hat. Seine Einrichtungen sind bereits in anderen Städten des Landes und Auslandes zum Muster genommen worden.

Außerordentlichen Fällen der Noth suchen besondere Anstrengungen der auch sonst immer namhaften Privat-Wohlthätigkeit zu begegnen. Als bei den hohen Lebensmittel-Preisen der J. 1846 und 1847 der Orts-Wohlthätigkeits-Verein die S. 362 erwähnten Vorkehrungen traf, sahen sich die städtischen Behörden zu ähnlichen Veranstaltungen veranlaßt. Zugleich trat 1846 ein Verein von Männern aus allen Ständen zusammen, welcher gegen 5000 Ctr. Weizen im Ausland einkaufte und denselben zu Niederhaltung des Brod-Preises um 1/7 billiger an Bäcker und Privaten der Stadt wieder verkaufte, wobei die Stadt-Pflege gleichfalls Opfer zu bringen hatte. Auch in den ungünstigen nachgefolgten Jahren bildeten sich außerordentliche Armen-Unterstützungs-Vereine, die sowohl für das Land als die Stadt sammelten. Der Verein für die Stadt brachte vom Januar bis August 1854 die Summe von 13.572 fl. zusammen, wovon 225.130 Speise-Portionen und 77.613 Dreikreuzer-Marken zum Brod-Ankauf abgegeben wurden.

Bei einem Überblicke der eigentlichen Armen-Pflege in gewöhnlichen Zeiten ergibt sich, daß mehr als 2500 Kinder von Einwohnern Stuttgarts unentgeldlich überwacht und unterrichtet, 400 Arme vollständig verpflegt und (abgesehen von dem Bettel-Abschaffungs-Verein) etwa 2100 Familien und Einzelne Stuttgarts unterstützt werden. Für die hiesigen Armen werden jährlich, abzüglich der Verwaltungs-Kosten, gegen 100.000 fl. aufgewendet. Insbesondere treffen auf einen Hospitaliten etwa 100 fl., auf einen der 2100 Unterstützten 30 fl. jährlich. Hiebei sind sowohl die besonderen öffentlichen, als die Familien-Stiftungen von beziehungsweise etwa 174.000 fl. und 500.000 fl. nicht begriffen, obwohl die Zinse der ersteren großen Theils den Bedürftigen zu gut kommen. Die Zahl derjenigen Stuttgarter, welche sich durch ihren freiwilligen Beitritt zu Unterstützungs-Vereinen ihre Zukunft mehr oder weniger gesichert haben, ist zu etwa 1600 anzunehmen.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0372.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)