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die letzteren mußten für die Anstalt verschiedene Arbeiten verrichten. Im J. 1544 waren 49 reiche, 28 mittlere und 24 arme Pfründer da. Schon gegen Ende des vorigen Jahrhunderts wurden keine reichen, und seit 1814 auch keine mittleren Pfründner mehr aufgenommen. Alle wurden auch in kranken Tagen verpflegt; bei ansteckenden Krankheiten aber kamen sie in’s Lazareth. Mit dem Hospital war schon zur Zeit der Reformation eine (städtische) Waisen-Anstalt unter einem Kinds-Vater und einer Kinds-Mutter verbunden, die 1787 in eine Schule verwandelt wurde, da die Waisen nun Bürgern in die Kost gegeben wurden. 1

Die Ernährung der Pfründer und vielen Leute, welche die Natural-Verwaltung nöthig machte, verursachte natürlich einen großen Aufwand[1]. Wöchentlich wurde ein Stier geschlachtet und noch 2–3 Centner Fleisch erkauft, jährlich 20–30 Salzscheiben, 20–30 Ctr. Schmalz, 6 Ctr. Lichter, 2 Ctr. Käse, 3 Ctr. Speck, 3–4 Tonnen Häringe, 11/2 Ctr. Karpfen etc., gegen 2000 Scheffel Getreide und 350 Eimer Wein verbraucht. Dabei ließen es sich auch die Vorsteher und Officianten wohl sein. Keine Woche verging, da nicht eine Mahlzeit war und Salmen, Hechte, Grundeln, Barben, Kressen, Krebse, Aale, Vögel, Zuckerröhrlen u. a. Delikatessen verspeist wurden. Jeder bekam seine Portionen beim Schlachten etc. Wollte ein Vorsteher, Pfleger, Hofmeister, Pfistermeister etc. in’s Bad, oder wurde Gottesdienst in der Hospital-Kirche gefeiert, so wurde stets ein Gastmahl gehalten. Dasselbe geschah an Ostern, Kirchweih, den Einschenknächten etc. Auch die Frauen thaten sich gütlich; die Vögtin kam mit Anderen, um die Fastenküchlein mit Karpfen oder eine „Unterzehrung“ mit Barben zu holen. Dieser Wirthschaft ungeachtet waren in dieser Zeit gesegnete Vorräthe vorhanden, und wurden von 1542 bis 1592 gegen 30.000 fl. Activ-Capitalien angelegt. Die Selbst-Verwaltung der Hospital-Güter wurde aber 1748 aufgehoben. Nach dem Durchschnitte von 1768–1777 war jährlich die Einnahme: an Geld 3960 fl. 1 kr. etc.; an Früchten: Weizen 1 Sch. 1 S. 1 V.,


    Kirchweihe des Klosters, nämlich am Sonntag nach Ostern, Kuchen und Braten, an Johanni Baptistä und Martini Milchkuchen und 3 M. Wein, an unserer Frauen Himmelfahrt Braten, und wenn man das Gefieder bestrich, Pfannenkuchen, Milchkuchen und 3 M. Wein; an Catharina eine Wurst, wogegen die Weiber ein Pfund Werg spinnen mußten. Jeder reiche Pfründer hatte einen silbernen Becher der Anstalt zu geben. Namentlich an der Kirchweihe, wo Freunde und Bekannte kamen, war die Ungebühr groß. Von 1568 an wurde das Übermaß mehr und mehr beschränkt. Im J. 1736 wurde eine reiche Pfründe um 1000 fl., eine mittlere um 500 fl. erkauft.

  1. Aus dem Amts-Grundbuche der Hospital-Verwaltung.
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 334. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0334.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)