Seite:OAStuttgartStadt0164.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der im ersten Stocke befindliche der schönste. Er reicht durch alle Stockwerke, und wird unten von acht jonischen, im zweiten Stock von acht korinthischen Säulen getragen; das Gebäude hat eine geschmackvolle Einfriedigung, und seiner Schönheit entspricht auch die innere Einrichtung.

Die kronprinzliche Villa, Eigenthum Sr. Königl. Hoheit des Kronprinzen Karl, ist 1/4 Stunde nordöstlich von der Stadt, zunächst über dem Weiler Berg und dem Rosenstein gegenüber, auf einem Hügel, bisher der „Höllische Bühl“ genannt, gelegen. Im Jahr 1846 von C. Leins im Bau begonnen und 1853 vollendet, zählt dieselbe zu einer der schönsten und reizendsten Schöpfungen der Neuzeit. Es war ein glücklicher Gedanke, die Spitze dieses, eine weite Aussicht beherrschenden Hügels mit dem prachtvollen Schlosse zu krönen, und den sanft ansteigenden, wellenförmigen Boden in einen bewundernswerthen Garten umzuschaffen. Überall, vom Schloß und Park aus, öffnet sich das schönste, an die Umgebungen von Florenz erinnernde Panorama landschaftlicher Reize: südöstlich das Neckarthal mit der ehemaligen Wiege des Königshauses und der Alpkette im Hintergrunde, südlich das ländliche Gaisburg und Gablenberg und südwestlich Stuttgart.

Bei der fast kegelförmigen Gestalt des Berges, welchen der Kronprinz Höchstselbst auserlesen, und der kleinen Ausdehnung des ebenen Platzes auf der für das Gebäude bestimmten Spitze, wovon nichts abgetragen werden sollte, ist dem Architekten[1] die allgemeine Bauanlage gleichsam ganz gegeben gewesen. Der Boden des Erdgeschosses wurde als eine den Berggipfel berührende Tangenten-Ebene angenommen, und, um einen hinreichenden Raum zur Circulation der Wagen um das Gebäude zu erhalten, die Abdachung rings umher um 20′ tiefer gelegt. Die dadurch gewonnene Erdmenge diente zur Verflachung des Terrains nach dem Rosenstein zu, und zur Herstellung einer Terrasse gegen Gaisburg, sowie zur Anlegung eines großen, Stuttgart zugekehrten amphiteatralischen Platzes. Die Hauptaxe des Gebäudes geht in der Richtung von Süden nach Norden, genau auf die Mitte des gegenüberliegenden Rosensteins.

Durch die erhöhte Lage des Erdgeschosses war es möglich, die Räume für Küchen und Dienerschaft in den dadurch entstandenen Unterbau (Souterrain) zu verlegen, und an diesen auf der Nordseite


  1. Derselbe hat die nachfolgenden näheren Verhältnisse für den vorliegenden Zweck mitgetheilt. Vergl. auch Neue illustrirte Zeitschrift, Stuttgart 1851, Nr. 36 u. f.
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0164.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)