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Marktzeiten Handels- und Gewerbs-Leute ihre Waaren feil; im dritten Stocke wurden die peinlichen Sachen des Stadtgerichts verhandelt, wozu das auf dem Dach angebrachte Malefizglöckchen geläutet wurde. Vor dem Hause standen der Schnapp-Galgen, der Pranger und das Narrenhäuslein, in welches Übertreter von Polizei-Gesetzen gesperrt wurden. Das Haus wurde 1775 zur ebenen Erde in eine „Masken-Promenade“, und im Übrigen zur öffentlichen Bibliothek und Kunstkammer eingerichtet, 1820 aber abgebrochen und dadurch der Markt-Platz namhaft vergrößert. Nicht ferne lag der Adelberger Hof: eines jener mit Speicher, Keller und Kelter versehenen, von einem Conventualen bewohnten Gebäude der hier begüterten Klöster, das 1459 von einem Bürger erkauft und 1491 mit einer Mariencapelle versehen ward, deren Caplan ein gegenüber gelegenes Haus erhielt. Herzog Christoph schenkte den Hof 1556 seinem Vice-Canzler Hier. Gerhard. Den Bebenhäuser Hof, der 1350 als der v. Gültlingen Hof vorkommt, an der Stadtmauer gegen den großen Graben gelegen, kaufte 1457 das Kloster von der Herrschaft, erweiterte ihn und baute hieher gleichfalls eine Capelle, die 1699 zur französisch-lutherischen Kirche eingerichtet wurde. Er war mit einer Mauer, die einige Thore hatte, umgeben. Auf einem Theile des Klosterhofes, in dessen großem Keller der Sage nach ein Geist an die Fässer klopfte, wenn ein guter Herbst zu erwarten war, wurde 1838 das Criminal- und Stadtgerichts-Gebäude errichtet. Der Lorcher Hof mit Kelter, hinter dem Schlößlein, wurde 1483 erkauft. Auch die Klöster Heiligkreuzthal, Herrenalb, Lichtenstern und Maulbronn hatten Höfe hier, die jedoch schon vor der Reformation verkauft wurden und nicht näher bezeichnet werden können. Das letztere ist auch der Fall mit dem 1350 genannten alten, mittlern und neuen Hause der von Gültlingen. Die von Breidenbach besaßen das Eckhaus gegen das Schloß und die Stiftskirche, die v. Nippenburg (1509) eines am Markt, die v. Sachsenheim (1446–1576) die nachmalige Wagenmeisterei unter der Mauer und eines in der Kirchgasse, die Welling den jetzigen Gasthof zum Hirsch, die von Thalheim (1522) eines bei der Stiftskirche. In der Gaisgasse lagen (1411. 1472) zwei nach der Reformation aufgehobene öffentliche Frauenhäuser. In dem hinter dem Rathhause befindlichen, mit einem Thor versehenen Bürgerhöflein, bei der Aich, lag die Stadtschreiberei, welche nach der Reformation in den Hospital, der in das Prediger-Kloster verlegt ward, übersiedelte. Dieser lag ursprünglich beim obern Thore und hatte eine erst 1761 abgebrannte Capelle zum hl. Geist. Zwischen dem obern und untern Thore lag ein Beguinen-Haus, das nach

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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0130.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)