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Bauern etc. in Bewegung setzte. An die Stelle desselben ließ Herzog Johann Friederich 1613 durch den Ingenieur Gerhard Philippi und Esaias von Hulsen und auf des Erstern Tod 1621 durch Letztern allein die berühmte, den Brüsseler Werken nachgebildete Lustgrotte erbauen, wovon der Überschlag 33.054 fl. betrug, da blos für die „movirenden Sachen“ 7000 fl. berechnet waren. Es war ein 101′ langes, 97′ breites Gebäude in toscanischem Styl, aus geschliffenen Quadern, die von Urach hergeführt worden, mit zwei Pavillons und einer Altane. Außer andern Sehenswürdigkeiten waren da in Nischen allerlei künstliche Vögel, die durch den Druck des Wassers wie natürliche sangen, Männer, die aus Waldhörnern bliesen, Enten, welche vorgehaltenes Wasser verschluckten, eine Wasser-Orgel, ein Jäger, der unter starkem Knalle nach einem Adler Wasser und Feuer zugleich schoß. Ausgeworfene Wasser bildeten überall wunderbare Figuren, Blumen, Regen, Regenbögen, Nebel und dienten zum „Abkühlen“ uneingeweihter Spaziergänger. Für die Maschinerie sorgte ein Grottier. Herzog Ludwig ließ den ganzen Lustgarten mit einer schönen hohen Mauer und vier Thürmen umfassen, wovon der Jerusalemsthurm, an der südöstlichen Ecke, eine Wasserorgel hatte und mittelst optischer Vorrichtungen in seinem Innern die heilige Stadt, als sie in ihrer größten Herrlichkeit war, darstellte. Auf der Morgenseite lief der Mauer entlang der Nesenbach, bis zur Grotte, wo er zu dieser sich bog und dann wieder geradeaus floß. Während des dreißigjährigen Krieges wurden durch die fremden Völker Schloß und Lustgarten arg verderbt, und die Pracht des Letztern war von da an für immer dahin. Unmittelbar bei dem nachmals „Franzenthörle“ genannten untern Gartenthore, dem zur Linken ein zweiter Garten der Herzogin, und unter diesem der Küchengarten mit einem Gartenhause lag, begann, dem Nesenbach entlang, der 1572 angelegte, fast eine halbe Stunde lange, bis zum Zollhause bei Berg führende Rennweg oder Kiesweg, welchem zur rechten Seite die schnurgerade, mit Bäumen besetzte, 1126 Schritte lange Pallmaille, der Spaziergang der Stuttgarter, sich hinzog. Am Ende derselben, auf der Hälfte des Rennweges, bei dem Hirschbade, baute Herzog Ludwig 1579 den ganz massiven, erst 1739 abgebrochenen Wasserthurm, mit einem Kunstwerke, das die Brunnen des Lustgartens mit Wasser versah. 1

Von weiteren, um das Schloß, den Kern des großen Haushaltes, gruppirten Zugehörungen sind zu nennen: das östlich gelegene Harnischhaus, zu dessen Waffen die Burgbewohner durch den oben erwähnten Gang schnell gelangen konnten, und wo ein „Rüstmeister“ einige hundert Rüstungen aller Art, zu Schimpf und

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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0125.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)