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wobei 505 Schützen aus allen Gegenden Deutschlands und der Eidgenossenschaft, Fürsten und Bürger, Edelleute und Bauern erschienen[1]. Außerhalb der Gartenmauer stand die 1579 errichtete Vogelstange, wo namentlich Herzog Ludwig Armbrustschießen hielt. – Für den Blumen- und den Pomeranzen-Garten hielt Herzog Christoph 1560 den Gärtner Coßmann von Metz mit 6–7 Gehilfen; 1626 finden sich 9 Gartenmeister, worunter Franzosen und Italiener. Christoph legte hier 1552 die erste Orangerie in Deutschland mit einem heizbaren Wintergebäude an, wovon noch jetzt einige Bäume vorhanden sind; er ließ Pomeranzen und Adamsäpfelbäume aus Mailand, Citronen und Limonienbäume aus Lucca, indianische Feigenbäume aus Genua, Rohrzucker- und Pflaumenbäume aus Sicilien kommen und erhielt 1560 von Landgraf Philipp von Hessen gelbe Rosen, 1561 von der verwittweten Pfalzgräfin bei Rhein edle Zwetschgenbäume. (S. auch unten Obstbau.) Von hier kamen 1577 die ersten Pomeranzenbäume in den Münchner Hofgarten und 1601 in den Hofgarten zu Carlsburg (Durlach). Herzog Ludwig verschrieb 1586 aus Florenz 34 exotische Blumen-Gattungen. Das Pomeranzen- und Feigen-Haus, welches noch bis 1690 Sommers abgebrochen wurde, war um 1580 176′ lang und 63′ breit. Im J. 1596 fanden sich Citronat- und Granat-Äpfel, Feigenbäume, Spindelbäume, Lorbeer- und Buchs-Bäume, Myrthen. Auch war seit 1595 hier für die Zwecke des Seidenbaues eine größere Maulbeer-Plantage unter einem eigenen Maulbeergärtner. Merkwürdig ist die im neuen Lusthaus abgebildet gewesene aloë americana, welche in dem Blumengarten im Sommer 1658 blühte; der Stengel war 301/2′ hoch, die 112 Blätter hatten 321/2′ im Umkreise und waren 9′ lang und 1′ breit, an 40 Nebenästen saßen gegen 12.000 Blumen. Im Jahre 1689 blühten hier mehrere Aloen und 1660 eine 6′ 4″ große Jucca nova gloriosa. Noch 1736 konnten 20.000 Pomeranzen und Citronen etc. nach Hof geliefert werden; und der Pisang, der Kaffeebaum und die Ananas trugen köstliche Früchte. – In dem Blumengarten befand sich früher unter Herzog Ludwig ein Ölberg und ein Wasserwerk, das die Lustwandelnden unversehens netzte und eine Jagd aus Erz, tanzende


  1. Leonhard Flexel, Bürger und Pritschenmeister zu Augsburg, hat dieses Fest in einem Lobspruch besungen, wovon die Handschrift mit vielen Bildern und Wappen auf der öffentlichen Bibliothek verwahrt wird. Ein Auszug von Ludwig Uhland ist der Ausgabe von J. Fischarts glückhaftes Schiff von Zürich, von E. Halling, Tüb. 1828 vorangesetzt. Das Beste im Hauptschießen, 100 Ducaten, gewann Wendel Stettner von Nürnberg, das im Nachschießen, ein schöner Ochse, 30 fl. werth, Peter Spieß von Neustadt an der Hardt.
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0124.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)