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Fürsten vor- und zwei Adelige nachtanzten; unter demselben war, wie noch jetzt, die Küche, welche (1580) in die Herrn-, Herzogin- und Gesinde-Küche zerfiel, wo 14–15 Mund-, Ritter- und Salz-Köche und ebenso viele Küchenjungen handthierten, ein Brunnen plätscherte und die Bratspieße vom Wasser getrieben wurden. „Der Koch dem Keller brät ein’ Wurst, der Keller löscht dem Koch den Durst“ – hieß es 1575. Die 85′ hohen, unten 24′, oben 5′ breiten Küchen-Kamine (cheminées en pavillon) standen ganz außerhalb der Mauer und wurden erst in diesem Jahrhundert abgebrochen. Im Erdgeschosse war die mit Zinn vertäfelte fürstliche Badstube. Neben dem Thurme gegen Osten ward 1558 der niedrige Vorbau für das Archiv erbaut, über welchem ein kleiner Lustgarten mit seltenen Blumen, andern köstlichen Gewächsen und einem Brunnen sich befand. – Der westliche Flügel enthielt im Erdgeschosse die (erste) Hofapotheke, die Trabantenstube, das sog. Gewölbe mit den Kleiderstoffen etc. – Im südlichen Flügel befand sich von 1562–1810 die Hofcapelle, die seit 1820 zur Hofapotheke eingerichtet ist, mit achteckigem Chor, trefflicher Stuccaturarbeit am Gewölbe, einem Altar von schöner gehauener Arbeit, hohen Spitzbogenfenstern und einem Thürmchen mit Kuppeldache. Hinter der Capelle liegt die Kirchenstube, unter jener das sogenannte Todten-Gewölbe. An weiteren Zimmern dieser drei Flügel werden 1565 genannt: das Gemach des Kammermeisters, des Truchsessen, des Haushofmeisters, des Burgvogtes, der Edelknaben und ihres Präceptors, das Nürtinger Stüblen, des Grafen Friedrich Gemach, Vorgemach und innere Kammer, die Hausschneiderei etc. Neben jeder Stube lag eine Kammer. Herzog Christoph ließ 1564 den „Dappicierer und Patronenmaler“ Jacob von Carmis, Bürger zu Cöln, mit seinen Leuten kommen, damit er hier, auf dem Herrschaftshause, zu Ausschmückung des Schlosses Bildwerke (eine Art Gobelins) aus Seide und Wolle webe und male. Bis 1570 wurden 22 Gemächer im obern und untern Gange mit solchen Tapeten versehen, welche die Schöpfung, den Sündenfall, die Geschichte Davids und Absolons, Goliaths, Bathsebas und andere biblische Geschichten darstellten, zusammen 4630 und die Patronen 32763/4 Brabanter Ellen maßen und 13.621 fl. 34 kr. kosteten. Als Maler war dabei ein Nicolaus von Orlay beschäftigt. Bald darauf, wie es scheint mit dem langen Saale, verbrannte ein Theil der „Tapesserei“, für dessen Wiederherstellung Moritz de Carmes, des Obigen Sohn, 1574 die Summe von 5997 fl. empfing. Noch 1664 wurden mehrere ähnliche Tapeten mit lebensgroßen Bildern in den spanischen Niederlanden bestellt. – Das Gebäude schließt

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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0117.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)