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während jener Jahre sich in der ganzen Stadt ereigneten, vertheilen sich auf die beiden Jahreshälften wie 114 und 239. Von den Lungenkatarrhen fällt also mehr als 2/3, von den Lungenentzündungen etwa 2/3 auf die 6 kälteren Monate. Außer den niederen Temperaturen kommen aber für beide Krankheiten noch einige weitere Momente in Betracht. Für die Lungenkatarrhe ist hier die atmosphärische Feuchtigkeit zu erwähnen, welche zwar viel weniger als die Kälte, aber doch auf deutliche Weise und namentlich in Verbindung mit der Kälte einwirkt. Es scheint, daß durch feuchte Kälte vorzüglich die Katarrhe der Kinder befördert werden. Diese vermehren sich daher in einzelnen Sommern, wo auf einen warmen Anfang mehrere feuchtkalte Wochen folgen; sie steigern sich insbesondere in mäßig kalten, aber an Niederschlägen reichen Wintern. Trotz diesem Momente zweiten Ranges nehmen doch die Lungenkatarrhe mit der Kälte deutlich zu und ab. Von den Lungenentzündungen läßt sich dasselbe in beschränkterer Weise behaupten. Nach den Listen des C.-Hosp. zählt im Durchschnitte vieler Jahre der Jan., also der kälteste Monat, bei Weitem die größte Zahl von Lungenentzündungen. Aber eine Übersicht der ganzen Stadt modificirt in etwas dieses Verhältniß. In den Armendistrikten erkrankten von 1852–1855 im Jan. 28, Febr. 29, März 19, April 27, Mai 26 an Lungenentzündung. In der ganzen Stadt starben an dieser Krankheit in denselben Zeiträumen: 64, 52, 56, 57, 55. Beide Zahlenreihen deuten darauf hin, daß die kältesten Monate, Jan. und Febr., am meisten Lungenentzündungen bringen. Aber der Unterschied von den nachfolgenden Monaten ist sehr unbedeutend und der April zeigt wieder eine neue deutliche Steigerung. Diese Vermehrung der Fälle im Frühjahre trifft vorzüglich das höhere Alter. Namentlich am Ende von kalten Wintern, wie 1854 und 1855, fallen betagtere Leute häufig den Lungenentzündungen zum Opfer. Es scheint, daß hier die Wirkung der Kälte weniger eine momentane ist, sondern daß die Effekte der niederen Temperaturen sich allmälig anhäufen, und daß der Anstoß zum Ausbruche der eigentlichen Krankheit erst durch die schroffen Temperaturwechsel gegeben wird, welche das Ende des Winters und den Anfang des Frühjahres begleiten. Diese Verhältnisse fehlen in den Übersichten des C.-Hosp., weil hier die höheren Altersclassen nur wenig repräsentirt sind; die mittleren, kräftigen Altersstufen zeigen in dieser Beziehung offenbar ein anderes Verhalten. Die Katarrhe und Entzündungen der Lungen werden in St. öfters complicirt durch das Lungenemphysem. Diese chronische Veränderung des Lungengewebes ist unter der Weingärtnerclasse St.’s sehr häufig; sie hat

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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0082.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)