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es ist nothwendig, hier die Ausnahmestellung hervorzuheben, welche St. in Bezug auf die asiatische Brechruhr (sogenannte Cholera) bis jetzt bewahrt hat. Diese war 1836 von Bayern her der württembergischen Grenze sehr nahe gerückt, ohne jedoch dieselbe zu überschreiten. 1849, zur Zeit der Mannheimer Cholera, traten im nördlichen Theile Württembergs, besonders in den Oberämtern Künzelsau und Vaihingen, vereinzelte Cholerafälle auf; 1854 aber, wo die Cholera von Osten und Westen her sich Württemberg näherte, erschien sie in kleinen, selbständigen Epidemieen nicht nur an mehreren Orten des Donauthales, wie Ulm, Zwiefalten und Zwiefaltendorf, sondern die Krankheit rückte St. am Nächsten, als sie im Okt. zu Canstatt epidemisch ausbrach. Im Aug. und Sept. waren zu St. einzelne Cholerafälle durch Einschleppung aufgetreten; aber weder damals, noch während der Canstatter Epidemie kam es irgendwie zur weiteren, selbständigen Ausbreitung der Krankheit. Bis jetzt darf als Thatsache festgehalten werden, daß St. trotz der größten Annäherung der Cholera von einem epidemischen Auftreten derselben völlig verschont geblieben ist. St. theilt diesen Vorzug mit manchen anderen, namentlich höher gelegenen Orten. Es muß indeß dahingestellt bleiben, ob diese Immunität mit den klimatischen, tellurischen oder Lebens-Verhältnissen St’s. so innig zusammenhängt, daß auch in künftigen Zeiten nie eine Choleraepidemie für unsere Stadt befürchtet werden darf.

Andere akute Krankheiten der Verdauungsorgane bedürfen hier keine nähere Betrachtung, weil sie theils nur vereinzelt vorkommen, theils auch bei häufigerem Auftreten zu wenig Charakteristisches haben. Dahin gehören z. B. die einfachen Diarrhöen, welche weder einzelnen Lokalitäten noch einzelnen Jahreszeiten besonders eigen zu sein scheinen.

Den gesammten Krankheiten der Verdauungswerkzeuge stehen in großer Zahl die Krankheiten der Athmungsorgane gegenüber. Von 1831–1855 wurden im C.-Hosp. 2566 Fälle von Lungenkatarrh behandelt (ausschließlich der größeren Epidemieen von epidemischem Katarrh oder Grippe; die meisten der gezählten Fälle sind solche, die man im gewöhnlichen Leben als Katarrhfieber bezeichnet). Gegenüber der Gesammtzahl von 42.015 Kranken ergibt obige Zahl 6,1 Proc. Hiezu kommen noch die Lungenentzündungen, mit 843 Fällen, d. h. 2 Proc. aller Erkrankten; zusammen also 3409 Fälle von diesen beiden Erkrankungen der Athmungsorgane, oder 8,1 Proc. der Gesammtzahl. Die Zahlen erscheinen auf den ersten Blick sehr gering, wenn man sie mit den Zahlen der leichten und schweren typhösen Fieber, nämlich

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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0080.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)