Seite:OAStuttgartStadt0078.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

aber 4, nämlich 1783 vom Aug. bis zum folgenden April, 1792 vom Aug. bis zum Febr., 1823 vom Nov. bis Febr., 1839–1840 vom Dec. bis März. Die Pausen zwischen diesen Epidemieen sind sehr verschieden gewesen; am Längsten von 1792–1819, dann von 1825–1835 und von 1845–1855; am Raschesten folgten sich die Epidemieen von 1819–1825. Diese Epidemieen genügen aber nicht, um den Gang der typhösen Fieber genau zu verfolgen; es ist hiezu nothwendig, auch außer den Epidemieen die Zahl der vereinzelt auftretenden Fälle zu berücksichtigen. Der tiefste Stand der typhösen Erkrankungen fällt während des letzten Jahrzehends in das J. 1849. Seit April 1850 zeigt sich eine ganz allmälige Zunahme, und diese prägte sich in den J. 1852–1854 in den Armendistrikten so entschieden aus, daß auf das erste Jahr 33, auf das letzte 81 leichtere und schwerere typhöse Fieber kamen. In der ganzen Stadt aber stiegen in derselben Zeit die Todesfälle durch Typhus von 42 auf 55, also um 30,9 Proz. So wurde die kleine Epidemie des Sommers und Herbstes 1855 allmälig vorbereitet. Aus diesem einzelnen Beispiele darf gewiß im Allgemeinen der Schluß gezogen werden, daß die Ursachen zum Auftreten einer Typhusepidemie nicht in Einem Jahre gegeben sind, z. B. in der Witterung oder in ausgedehnten Grabarbeiten und Bauten, sondern daß allgemeinere Einflüsse in der Entwickelung der typhösen Fieber Schwankungen bedingen, welche sich über eine ganze Reihe von Jahren erstrecken. Damit soll keineswegs geläugnet werden, daß Reinlichkeit der Straßen, der Häuser und der Brunnen die typhösen Krankheiten in ihrer weiteren Verbreitung zu hemmen vermögen. Seit 1845 ist St., trotz der oben geschilderten Bewegung in der Zahl der typhösen Fieber, von keiner stärkeren Typhusepidemie mehr heimgesucht worden; und es ist gewiß begründet, wenn man diese günstigeren Gesundheitsverhältnisse mit den städtischen Maßregeln in Verbindung setzt, durch welche die Reinlichkeit und eben damit die Salubrität der Stadt bedeutend gehoben worden ist. Insbesondere ist der Zustand des Nesenbachs und der ärmeren, von Weingärtnern etc. bewohnten Quartiere während der letzten Jahrzehnde ein völlig anderer geworden.

Diese Erörterungen werden zur Genüge beweisen, daß die sogenannten Schleim- und Nerven-Fieber für St. nicht als eine besonders häufige und charakteristische Krankheit gelten können. Ebensowenig kann dies von anderen Krankheiten der Verdauungsorgane behauptet werden.

Was hier zuerst die Ruhr oder Dysenterie betrifft, so suchte diese St. nur nach längeren Pausen heim, nämlich vorzüglich

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0078.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)