Seite:OAStuttgartStadt0077.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die Stufe von 20–30 Jahren und die Classe der Dienstboten und Handwerksgehilfen, welche zum großen Theile von Außen herein, also aus einer gewohnten Lebensweise in eine neue, oft völlig ungewohnte kommen. Dagegen sind in den Armendistrikten der hiesigen Stadt vom Januar 1852 bis September 1855 (einschließlich) 228 Personen unter einer Gesammtzahl von 5771 an typhösen Fiebern der verschiedenen Grade erkrankt. Dies ergiebt 3,9 Proc., also nicht ganz 1/3 von dem Verhältnisse des C.-Hosp. Noch größer wird die Differenz, wenn man die Todtenzahl der ganzen Stadt mit der des C.-Hosp. vergleicht. Während hier über 25 Proc., sind dort vom Januar 1852 bis Oktober 1855 (einschließlich) nur 4,98 Proz. aller Gestorbenen dem Typhus erlegen, nämlich 200 unter einer Gesammtzahl von 4011 Todesfällen. Es liegen keine genügenden statistischen Nachweise vor, um eine sichere Vergleichung dieser Zahlenergebnisse mit denen anderer Städte anstellen zu können. Indeß ist Grund vorhanden, anzunehmen, daß die typhösen Erkrankungen während der letzten Jahrzehnde in St. nicht häufiger waren, als durchschnittlich in den Städten des westlichen Europa’s. Alle Nachrichten sprechen vielmehr dafür, daß St. während des letzten Jahrzehnds mehr verschont wurde, als andere süddeutsche Städte, wie z. B. Wien und München. Wenn hienach in den lokalen Verhältnissen St’s. nichts zu liegen scheint, was die Entwickelung der typhösen Fieber besonders begünstigt, so darf doch die Betrachtung bei diesem blos negativen Resultate nicht stehen bleiben; es lassen sich vielmehr aus den obigen Erfahrungen einige Momente in der Entstehung jener Fieber aufklären. Für’s Erste ist keine Jahreszeit von dieser Krankheit unberührt; aber ihr Maximum fällt in St. wie an anderen Orten auf den Sommer und Herbst; so verhielt es sich sowohl im C.-Hosp., als in den Armendistrikten der hiesigen Stadt. Es scheint also, daß die wärmere Jahreszeit die Entwickelung der typhösen Fieber befördert. Für’s Zweite aber beweisen obige Erfahrungen, daß die dauernden Steigerungen der typhösen Erkrankungen und besonders die größeren Typhusepidemieen nicht unter dem überwiegenden Einflusse der Jahreszeiten stehen, sondern vornehmlich von allgemeineren, über weitere Strecken verbreiteten Einflüssen bedingt werden. Von 1783–1855 sind 9 Typhusepidemieen in St. beobachtet worden, nämlich 1783, 1792, 1819, 1823, 1825, 1835, 1839–1840, 1845, 1855. Davon waren die von 1825 und 1855 wenig verbreitet, und es mag bezweifelt werden, ob sie wirklich die Bezeichnung von Epidemieen verdienen. Im Sommer und Herbste herrschten von jenen Epidemieen 5, nämlich 1819, 1825, 1835, 1845 und 1855, während des Winters

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0077.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)