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Die hofkammerliche Domäne Scharnhausen, bestehend in Schloß, Gestütshof und Park ist in der Gemeinde-Markung Scharnhausen gelegen. Namentlich befindet sich in kleiner Entfernung von den letzten Häusern am westlichen Ende des Dorfs, das K. Lustschloß sammt Nebengebäuden. Dasselbe liegt etwas erhöht an dem südlichen Thalabhange, wo es von der Straße aus gesehen, zwischen dem Grün der verschiedenartigsten Baumgruppen freundlich durchblickt. Es enthält zu ebener Erde einen Saal und zu jeder Seite desselben 2 Zimmer; und im obern Stock, einer Art Halbgeschoß, die Wohnung des Hofgärtners. Zu beiden Seiten des Schlosses liegen Terrassen mit Blumenbeeten und dichtbelaubte Bogengänge, welche zwei Pavillons verbinden, von denen der westliche den Speisesaal, der östliche ein Badhaus enthält. Vor dem Speisesaal ist ein Wasserbecken mit einem kräftigen Springbrunnen. Nördlich der Bogengänge schließt sich ein sorgfältig gepflegter Wiesengrund an, der mit Obstbäumen vorzüglicher Sorten besetzt ist. Über diesen Wiesengrund führt ein Weg in mannigfaltigen Windungen den Berg hinan, zu dem auf 12 griechischen Säulen ruhenden Tempel, von welchem aus man einen liebliche Aussicht über das Körschthal bis gegen Denkendorf und über die jenseitige Anhöhe hinweg an die Alp, genießt. Vor dem Lustschloß liegt ein ovaler Wiesenplatz, dessen eine Hälfte früher ein See war, der von dem Hefelbach gespeist wurde. Von dem Gründer des durch Reinh. Ferd. Heinr. Fischer erbauten Lustschlosses, dem Herzog Karl, trägt dasselbe noch die Aufschrift: „Carolus otio 1784.“ Von dem späteren Besitzer, dem Erbprinzen, nachmaligen König Friedrich, der einige Sommer hier zubrachte, kam das Schloß an dessen Sohn, den Kronprinzen, jetzigen König Wilhelm, der auf diesem angenehmen Landsitz öfter verweilte, den Park erweiterte und hier das schon oben S. 62 ff. beschriebene Privatgestüt gründete.

Unweit der Stallgebäude ist die mit Reben umrankte Wohnung des für das Gestüt angestellten Thierarztes, die ehemalige Hofener Mühle [1], im Schatten kräftiger Baumparthieen, mit einem freien Vorplatz gegen die Landstraße, auf dem ein Brunnen sein klares und gesundes Wasser reichlich aus zwei Röhren spendet, besonders lieblich gelegen.

Das Ganze, nebst Anlagen und Park 321 Morgen groß, wovon jedoch nur 110 M. der Scharnhauser, 2091/2 M. aber der Nellinger (O.A Eßlingen) und 11/2 M. der Ruither Markung angehören, ist theils mit einem Stacketenzaun, theils mit einer künstlich zugeschnittenen Hainbuchenhecke umfriedigt und steht östlich mit dem Park der Hofdomäne Weil (s. Oberamtsbeschr. von Eßlingen) in unmittelbarer Verbindung.

  1. Nach dem Landbuch von 1624 „die Hofehrmühl“.
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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_249.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)