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dem der Ort zum größten Theil nebst Kirchensatz und Zehenten zugehörte (s. unten) seinen Verwalter und Pfleger.[1]

Das stattliche, geräumige Rathhaus ist in die südwestliche Ecke des Kirchhofs hereingebaut. Im Ort befinden sich 2 öffentliche geräumige Schulen, in denen zugleich die Wohnungen der Schulmeister eingerichtet sind; die neuere wurde erst 1846/47 erbaut. An den Schulen unterrichten zwei Schulmeister, zwei Unterlehrer und ein Lehrgehülfe. Außer diesen befindet sich hier seit 1835 eine Industrieschule für Mädchen. Am südlichen Ende des Dorfs an der Hauptstraße nach Reutlingen, steht die im Jahr 1840 in Bau genommene und am 28. Oktober 1841 eingeweihte „Wilhelmspflege“, ein stattliches Gebäude, welches theils durch mildthätige Beiträge und veranstaltete Opfersammlungen, theils durch jährliche Ersparnisse der Oberamtsalmosenkasse, hauptsächlich aber durch den theilweise zu einem Fonds für Begründung eines Erziehungshauses gewidmeten Erlös aus dem theuer verkauften Oberamtei- und Oberamtspflegegarten in Stuttgart, nebst zwei Nebengebäuden und der erst 1847–48 errichteten Scheuer mit einem Aufwand von 16.588 fl. hergestellt wurde.

Die Anstalt, in welcher auch Kinder fremder Bezirke Aufnahme finden, hat den menschenfreundlichen Zweck, arme Kinder, welche entweder sittlich verwahrlost sind oder doch in Gefahr stehen es zu werden, zur Verpflegung aufzunehmen. Nahezu 14 Morgen Güter, welche mit der Anstalt verbunden sind, dienen zur Unterweisung in der Landwirthschaft. Die Grundanlage ist nach den räumlichen Verhältnissen auf 68 Kinder (unter 14–16 Jahren) berechnet, wurde aber nur mit 22 eröffnet, im zweiten Jahr stieg die Zahl jedoch schon auf 52 und gegenwärtig sind 70 untergebracht. Die Mittel zum Fortbestehen dieser Anstalt bestehen von Seite der Amtsversammlung in einem jährlichen Beitrage von 500 fl. in der abgetretenen Einnahme der von dem Oberamt wegen Unzuchtsvergehen erkannten Strafen, sodann in jährlichen Unterstützungsbeiträgen des Staats und der Centralstelle des Wohlthätigkeitsvereins, hauptsächlich aber in den Zuflüssen, welche der christliche Wohlthätigkeitssinn ihr gewährt.[2]

Die Plieninger sind im Allgemeinen körperlich kräftig und wohlgebildet; eine Ausnahme machen die zahlreichen Weber, die in Folge ihrer Beschäftigung und Lebensweise meist schwächlich sind. Wegen der hohen Lage und rauhen Winde sind die entzündlichen und rheumatischen Krankheiten und in deren Gefolge die Wassersucht vorherrschend.

Zunahme des Luxus und Nachahmung städtischer Sitten finden

  1. Der Mönchhof heißt nach einer Urkunde von 1414 (Lagerbuch von Bernhausen Bl. 55) der Bebenhäuser Hof.
  2. Vergl. über diese Anstalt die Druckschrift: die Eröffnungsfeier der Wilhelmspflege in Plieningen am 28. Oktober 1841, Stuttgart 1841.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_209.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)