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Diese Temperaturverhältnisse gaben schon in den frühesten Zeiten Veranlassung, den oberen Theil des Nesenbachthals im „kalten Thal“ zu nennen, ein Name, der dann auch auf die Burg und das Ort überging; das nach Vaihingen eingepfarrte Dorf hat keine Kirche. Das jetzige Schulhaus ist ein von der Gemeinde erkauftes, im Jahr 1832 zur Schule eingerichtetes Gebäude; es enthält ein Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters, der ungefähr 80 Kinder unterrichtet; bis zum Jahr 1775 gingen die Kinder nach Vaihingen in die Schule. Es besteht seit 1831 auch eine Industrieschule, welche von 34 Mädchen besucht und von der Centralstelle des Wohlthätigkeits-Vereins unterstützt wird.

Auf der südlichen Anhöhe im Oberweiler steht das kleine Rathhaus, welches vor 1833 Schulhaus war und welchem im Jahr 1846 ein Thürmchen mit einer Glocke aufgesetzt wurde. Seit 1838 hat Kaltenthal einen eigenen Friedhof, welchen die Gemeinde südwestlich vom Ort an einem Bergabhang rechts der Straße von Kaltenthal nach Vaihingen anlegen ließ; früher mußten die Leichen nach Vaihingen gebracht werden.

Die Markung ist sehr reich an guten Quellen, die nicht nur den Ort hinlänglich mit gesundem Trinkwasser versehen, sondern auch mehrfach hier gefaßt und nach Stuttgart geleitet werden. Die Einwohner sind wenig bemittelt, aber rührig und fleißig. Die kleine Markung steht mit der Bevölkerung in keinem Verhältniß, daher nur die bemittelteren Einwohner sich von Feldbau und Viehzucht nähren. Von den 4 Ortsangehörigen, welche den größten Grundbesitz haben, besitzt der eine 19, der andere 14 und der dritte und vierte je 9 Morgen. Sowohl die vom eigenen Vieh gewonnene, als die in den Nachbarorten aufgekaufte Milch, wird nach Stuttgart abgesetzt und bildet einen Haupterwerbszweig der Kaltenthaler. Minder Bemittelten ist ein der Gemeinde gehöriger Steinbruch mit Sandgrube angewiesen, wodurch sie einen fortwährenden Verdienst von alljährlich mehreren 100 fl. (im Jahr 1846/47 sogar 1400 fl.) haben. Die größtentheils an den Abhängen liegenden Felder werden willkürlich gebaut und haben einen sehr verschiedenen, im Durchschnitt fruchtbaren Boden. Der weiße Stubensandstein, der beinahe durchgängig die Unterlage bildet, ist im Thal mit einem ziemlich mächtigen, der Vegetation sehr förderlichen, Diluviallehm und am Fuße der Filderterrasse mit einem schweren Thonboden überlagert. Dagegen ist auf dem übrigen Theil der Markung die Decke so gering, daß der aufgelöste unten liegende Sandstein eine Hauptrolle spielt und somit den Sandboden zum vorherrschenden macht. Heiße Jahrgänge sind daher dem Gedeihen der Gewächse nicht so zuträglich, wie mäßig nasse. Es werden die gewöhnlichen Getreidearten gebaut, welche, wie die Bracherzeugnisse, mit Ausnahme von Flachs und Kraut, recht gut gedeihen. Die Obstzucht ist

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_170.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)