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und die wirthschaftlichen und Kultur-Unternehmungen werden durch die aller Orten angelegten Pflanzschulen erleichtert und von Technikern speciell überwacht. Diese durch die unermüdete Thätigkeit des Oberamtmanns v. Heigelin eingeleiteten Verbesserungen, sind es aber nicht allein, welcher sich die Gemeindewaldwirthschaft zu erfreuen hat, sie werden vielmehr durch die erfolgte Abstellung vieler Mißbräuche, wie des starken Wildstands, der Holzdiebstähle, des Erndteweidenschneidens, der rücksichtslosen Streunutzungen, des ungeordneten Holzhiebs, der entbehrlichen Wege u. s. w. unterstützt und ergänzt, während auch durch die Errichtung von Gemeindeholzmagazinen und Gemeindebacköfen und durch eine geordnetere zweckmäßige Verwendung des Ertrags der Haushalt der Gemeinden ungemein gewonnen hat.

Ganz eigenthümlich und der Beachtung werth ist die Privatwaldwirthschaft im Scharnhauser Thal, welche darin besteht, daß bei einem fast ganz geschlossenen frohwüchsigen Eichenoberholz-Bestand, aus dem ohne bestimmten Plan von Zeit zu Zeit einzelne Stämme verschiedener Stärke nach Bedürfniß bezogen werden, das schwache, meist aus Straucharten bestehende Unterholz in 3 bis 4jährigem Umtrieb zu Reisachbüscheln benützt wird.

In den Staatswaldungen ist die Hochwaldwirthschaft von 60 bis 100jährigem Umtrieb,[1] theils schon längere Zeit herrschend, namentlich auch da, wo die Buche rein auftritt, theils eingeleitet in den vormaligen gemischten Mittelwaldungen, begünstigt durch die ergiebigen Äckerigjahre, bei der Eiche vom Jahr 1822 und bei der Buche vom Jahr 1823, und unterstützt durch ausgedehnte künstliche Kulturen, für welche die überall entstandenen Pflanzschulen die Mittel liefern. Als eigenthümlich verdient erwähnt zu werden, daß im K. Forstrevier Hohenheim und im Hofkammerrevier Feuerbach in ganz schlecht bestockten, mit uralten, kraftlosen Stöcken versehenen, einer radicalen Verbesserung bedürfenden Waldungen die Waldfeldwirthschaft seit mehreren Jahren in der Art betrieben wird, daß mit Ausnahme des schönsten Eichenoberholzes der Bestand kahl niedergehauen, die Stöcke vollständig gerodet und der Platz hierauf 1 bis 2 Jahre lang der landwirthschaftlichen Benutzung überlassen wird. Der Stock- und Wurzelholz-Ertrag ist bei diesem Verfahren größer als bei jedem andern, viele arme Bürger finden Arbeit und Nahrung, das Gelingen der neuen Holzsaaten und Pflanzungen ist auf dem gebauten Boden mehr als irgendwo gesichert, und die Forstkasse hat über Abzug der Kultur-Kosten einen nicht unbedeutenden Reinertrag.

Ehe der Staat und die Gemeinden zur selbstständigen Anlage von

  1. Für die Forche 60 bis 80, für die Buche und Fichte 80 bis 100 Jahre.
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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 059. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_059.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)