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Im oberen Theil des Orts steht erhöht die schon genannte, im vorigen Jahrhundert erbaute Loretto-Kapelle.

Auf dem Friedhof findet man eigenthümlich geformte Schmiedeisenkreuze, und daneben erhebt sich mit schönem Garten das sehr stattliche, zweistockige, mit starken alten Mauern aufgeführte Pfarrhaus; es wurde im J. 1720 erbaut. Die Unterhaltung von Kirche und Pfarrhaus ruht auf der Stiftungspflege. Das 1840 erbaute Schulhaus enthält 2 Lehrzimmer und die Wohnung des allein an der Schule unterrichtenden Schulmeisters. Ferner bestehen ein kleines, jedoch nicht unfreundliches, 1835 erbautes Rathhaus, 2 öffentliche Waschhäuser, 3 Backhäuser und ein Armenhaus.

Gutes frisches Trinkwasser liefern 6 laufende Brunnen (4 öffentliche und 2 Privatbrunnen) in Fülle, auch die Markung ist quellenreich. Von fließenden Gewässern berühren die Markung und den Ort selbst die Beera und der Anhauserbach; beide treten öfters aus und verursachen namentlich an den Wiesen mehrfachen Schaden. Der Anhauserbach führt zuweilen eine solche Masse Schutt mit sich, daß hievon das ganze Bachbett ausgefüllt wird. Vicinalstraßen sind nach Bubsheim, Königsheim, Reichenbach, Nusplingen und Bärenthal angelegt. Über die Beera führen 2 von der Gemeinde zu unterhaltende steinerne Brücken.

Die körperlich kräftigen Einwohner, von denen gegenwärtig nur einer über 80 Jahre zählt, finden ihre Hauptnahrungsquellen in der Landwirthschaft und Viehzucht; außer den gewöhnlichen Handwerken werden die Baumwollweberei und Stickerei getrieben und die Waaren in den Handel gebracht, auch ist der Verkauf an Schuhnägeln nicht unbeträchtlich. Nagelschmiede und Schuster arbeiten auch nach außen. Viele Einwohner sind den Sommer über als Maurer, Zimmerleute, Gipser etc. auswärts, hauptsächlich in der Schweiz und in Frankreich, wohin sie im Frühjahr auf die Wanderschaft gehen und von wo sie im Spätjahr wieder in die Heimat zurückkehren. Es bestehen 2 Mühlen mit je 3 Mahlgängen, einem Gerbgang und einer Hanfreibe, zwei Sägmühlen, 5 Schildwirthschaften, worunter eine mit Bierbrauerei, und zwei Kramläden. Die Vermögensverhältnisse gehören, mit Ausnahme einiger Bemittelten, nicht zu den guten; der vermöglichste Ortsbürger besitzt 36 Morgen, der Mittelmann 8–12 Morgen und die minder bemittelte Klasse 1–3 Morgen Güter, viele haben gar kein Grundeigenthum; etwa

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Spaichingen. H. Lindemann, Stuttgart 1876, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OASpaichingen0308.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)