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Schloßbach hinziehenden Thälchen langgestreckt hingebaut. Durch ihn führt beinahe der ganzen Länge nach die breite wohl unterhaltene Villingen–Bösinger Vicinalstraße, die sich beim Rathhaus zu einem ansehnlichen Platz erweitert; ein zweiter schöner freier Platz dehnt sich, mit Linden besetzt, vor der Kirche aus. Die größtentheils in mäßigen Entfernungen von einander gestellten Gebäude, unter denen manches stattliche Bauernhaus, sind meist freundlich gehalten und stehen mit der Scheune unter einem Dache. Stroh- und Schindeldächer, wie auch ganz verschindelte Gebäude, sind mehrere vorhanden. Der östliche und ohne Zweifel auch der älteste Theil des Dorfs war mit einem Wallgraben umgeben, der zum Theil noch sichtbar ist.

Die Jakobus dem Ält. geweihte Kirche liegt mit dem Friedhof höchst malerisch am Ostrande des Dorfes und am Westrande des Schloßbachthales, einer jähen von wildem Bach durchrauschten Tannenwaldschlucht, und bietet, von den verschiedensten Seiten aus betrachtet, immer wieder ein anderes entzückendes Landschaftsbild; besonders auch vom Dorf aus, wo der großartige Hintergrund der Albgebirge noch mitwirkt und im Mittelgrunde die zackigen Ruinen der Burg Herrenzimmern zwischen den Waldschluchten heraufsteigen. Die Kirche, deren Längenaxe ausnahmsweise von Norden nach Süden geht, wurde im Jahre 1738 mit schmälerem vieleckigem Chor erbaut, der an ihrer Nordfront stehende mit Staffelgiebeln und Satteldach bekrönte Thurm im Jahre 1720. Diese Jahreszahl samt dem Wappen des Rottweiler Bruderschaftshauses, das Kirche und Thurm erbaute, steht am Thurmeingang. Das freundliche und geräumige flachgedeckte Innere enthält drei im Rococostil gefaßte Altäre, auf dem Hauptaltar ein großes modernes Ölgemälde, Christus am Kreuz, dann einen alten achteckigen Taufkessel und im Chor zwei gut gearbeitete gothische Holzfiguren des Petrus und Paulus. Im Triumphbogen hängt, aus dem 16. Jahrhundert stammend, ein schönes schlankes lebensgroßes Krucifix mit stark gesenktem Haupte. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Stiftungspflege.

Zwischen der Kirche und dem schon genannten Schloßbachthale zieht sich, aus der wilden und tiefen Waldschlucht heraufgemauert, der mit schönen Schmiedeisenkreuzen geschmückte Friedhof hin, ein Ort, wie geweiht zu stiller frommer Betrachtung.

Nördlich bei der Kirche steht das stattliche zweistockige Pfarrhaus, mit der Jahreszahl seiner Erbauung, 1764, über der großen Einfahrt; es trägt wieder das Wappen des Rottweiler Bruderschaftshauses, das auch dieses Gebäude errichtete. Die Unterhaltung ruht auf der Gemeinde. Das 1812 erbaute Schulhaus enthält 2 Lehrzimmer und die Wohnung des allein an der Schule unterrichtenden

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 436. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0436.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)