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S. 334). Das Gebäude ist sehr einfach, hat schlichte gegen den Kreuzgarten offene Korridore (Kreuzgang), die nichts enthalten als den mit dem Standbild der Verstorbenen gezierten Gedenkstein der ersten Äbtissin, eine ziemlich unkünstlerische Arbeit aus dem 17. Jahrhundert.

Mehr des Beachtungswürdigen bietet uns das Innere der Kirche und des Klosters: Die sehr geräumige, der h. Maria und den 12 Aposteln geweihte einschiffige Kirche gewährt innen das Bild einer überaus prächtigen Renaissancedekoration; Wände und Decken sind auf das Reichste stuckirt, dazwischen prangen Freskogemälde, laut Inschrift gemalt von Johann Achert 1699, (s. a. bei Rottweil, Dominikanerkirche, S. 191), das umfangreiche Ölbild auf dem Hochaltar, Mariä Himmelfahrt, zeigt die Jahreszahl 1790. Die Kanzel ist wieder in sehr reicher Renaissance gehalten. Auf der tiefen im westlichen Theil der Kirche sich erhebenden Empore, dem Nonnenchor, stehen trefflich aus Tannenholz geschnitzte Chorstühle, auch im Spätrenaissancegeschmack, und auf dem Altare daselbst sieht man eine edel behandelte altgothische Pieta (Maria mit dem Leichnam des Herrn), leider jetzt puppenhaft angekleidet. Noch ist zu erwähnen das in die Wand der Kirche eingelassene Epitaphium der Wiederherstellerin der Kirche und des Klosters, der hochverdienten Äbtissin Ursula, Tochter des Hofgerichts-Assessors Dr. Scherler, † 14. April 1687, und seit Okt. 1658 Äbtissin von Rottenmünster.

Das Klostergebäude selbst enthält unten eine noch in gothischen Formen gehaltene gewölbte Kapelle, im oberen Stockwerke das Winterrefektorium mit einem kolossalen graufarbigen Kachelofen, und in einem andern Saal eine prächtig geschnitzte Kassettendecke, wie obengenannte Chorstühle aus unbemaltem Tannenholz, in spätem antikisirendem Renaissancestil, und wohl von demselben Meister; der Eingang in dieses Gemach ist ebenfalls reich umrahmt und geschnitzt. Auch erhielt sich noch die hölzerne an den Wänden mit Fresken geschmückte Bußsteige, auf der die Nonnen zur Strafe knieend auf- und abrutschen mußten. – Eine hohe Mauer umfaßt die ganze Klosteranlage und auch den sich südwärts ausdehnenden mit Obstbäumen besetzten Klostergarten. Kirche und Klostergebäude sind leer, ihre Unterhaltung ruht auf dem Staate. Am Chor der Kirche liegt ein kleiner Friedhof, woselbst auch die letzte Äbtissin begraben liegt, und in der Nähe des Eingangs zum Klosterhof steht unter einem Lindenbaum ein altes gothisches Bildstöckchen mit der Jahreszahl 1472.

Von dem Klostergebäudekomplex führt eine hölzerne Brücke über den Neckar zu der auf dem rechten Ufer des Flusses liegenden K. Saline Wilhelmshall; oben an dem Thalabhang läuft mit diesem

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 327. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0327.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)