Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

das Hofgericht Beschwerden über verzögerte und verweigerte Justiz an. Von seinen Erkenntnissen ging die Appellation an die höchsten Reichsgerichte. Geistliche- und Ehe-Sachen, auch was in die kaiserlichen Vorrechte einschlug, konnten hier nicht angebracht werden, wohl aber wurden Akte der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit angenommen (vrgl. z. B. die feierliche Bestätigung des zwischen den Gebrüdern Grafen Eberhard dem Greiner und Ulrich IV. von Württemberg am 1. Mai 1362 zu Stuttgart geschlossenen Vertrags am 30. Juni d. J. vor diesem Gerichte, Stälin 3, 289). – Ordnungen über das Verfahren bei dem Hofgerichte sind zwei bekannt: 1) eine ältere, dem K. Konrad III. selbst noch fälschlich zugeschriebene, welche, wegen ihrer großen Ausführlichkeit namentlich, wohl erst an den Schluß des 15. Jahrhunderts zu setzen sein dürfte, gedruckt das 1. Mal im Jahre 1523 (Straßburg von Johannes Grieninger),[1] sodann 1535 (Rottweil), 1551, 1564 (Frankfurt a. M. bei Christian Egenolff), später z. B. in Lünig (4, 94–114), und 2) eine neuere, von K. Maximilian II. den 13. Novbr. 1572 erlassen, welche in 3 Theile je mit einer größeren Reihe von Titeln zerfällt und sehr umfangreich ist (Orig. Perg. 36 Bl. Fol. im St. A., gedr. Mainz durch Casp, Behem 1573 und öfters z. B. von Wehner. Frankfurt a. M. 1610, im Auszug bei Ruckgaber 2a, 27–81). 1

Als am Ende des Mittelalters die Reichsjustiz durch die Organisirung der höchsten Reichsgerichte verbessert worden war und die Territorialgerichte in den Partikularstaaten sich immer mehr entwickelt


  1. Einiges Licht auf die Entstehung dieser Hofgerichtsordnung, wie dieselbe im J. 1523 zu Straßburg gedruckt erschien, verbreitet ein Schreiben der Stadt Straßburg an die Stadt Rottweil d. d. Montag nach Jubilate (18. Apr.) 1524. Diesem Schreiben zufolge hatte der Straßburger Advokat Dr. Kaspar Baldung in Verbindung mit dem Straßburger Redner Meister Peter Phillenbach diese Ordnung drucken lassen. Er hatte sie aus einem Buche entnommen, welches er vor vielen Jahren von seinem Vetter Meister Hans Baldung ererbt, dieser aber aus dem hinterlassenen Hausrath des Rottweiler Hofgerichtsprokurators Meister Jörg Hut erkauft. Rottweil war wegen dieses Druckes sehr erbittert und Straßburg entschuldigte deßhalb seine Mitbürger wiederholt schriftlich und mündlich durch Botschafter, so auch in dem obigen Schreiben. Mit demselben schickte es zugleich das Hut’sche Buch zur Recognoscirung und führte aus, daß die Veranstaltung des Druckes der Stadt Rottweil ja durchaus nicht zur Unehre gereiche, sondern „zu Ere und löblicher Erinnerung der erlichen und mannlichen Thaten, damit Euer Vordern soliche keyserl. Gnade und Hofgericht bekommen und erlangt haben“, sowie daß der Begriff des Druckes dem geschilderten Hergange gemäß der Stadt durchaus nicht in unrechtmäßiger Weise entwährt worden sei.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0302.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)