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sog. Herrenstube, nahm zwar, sich mehr und mehr mit dem demokratischen Elemente der Zünfte befreundend, zeitweise den Zunftcharakter an, und dieselbe erscheint als die erste der städtischen Korporationen, doch war dies nur vorübergehend. Im Jahre 1515 verlor sie durch einen öffentlichen Beschluß das Zunftrecht, in Folge wovon ihre bisherigen Rechte, besonders das Mitstimmrecht bei allgemeiner Umfrage, zwar angestritten, jedoch nicht umgestoßen wurden, während sie andererseits die Begünstigung erhielt, daß die 3 Candidaten, welche zum Bürgermeisteramt vorgeschlagen wurden, nur aus ihr erkiest werden sollten. Allmählig erweiterte sie sich aber auch zu einer eigentlichen Honoratiorengesellschaft. Als solche umfaßte sie in späterer Zeit alle diejenigen, welche Hofgerichtsbedienungen bekleideten, die Prokuratoren und Kanzleischreiber, alle die, welche unmittelbar zur Kanzlei gehörten, alle die, welche kein in die Zünfte und Handwerke ausschließlich gehöriges Gewerbe trieben (die sog. Müßiggänger), diejenigen, die aus ihren eigenen Mitteln lebten, alle Weltpriester, welche von dem städtischen Magistrate eine Pfründe oder sonst eine Versorgung erhielten, alle, welche die Studien einer oberen Fakultät absolvirt, wenn sie auch wirklich keine geistlichen oder Kanzleibedienungen bekleideten oder kein ausschließlich in die Zunft oder in ein Handwerk gehöriges Gewerbe trieben. Auch auswärtige nicht verbürgerte Honoratioren konnten als Ehrenmitglieder aufgenommen werden. Die Gesellschaft hatte ausführliche Statuten von den Jahren 1511 und 1608, erneuert im J. 1792. Vorsteher war der Oberstubenherr, welcher mit dem Unterstubenherrn, dem Jahrtagspfleger, dem jüngsten Hofgerichtsassessor, dem Hofgerichtskanzleiverwalter und Stadtsyndikus, dem jüngsten Chorherrn, dem praefectus gymnasii eine eigene beständige Deputation zur Besorgung der Herrenstubsgeschäfte bildete. Der Versammlungsort der Gesellschaft war zuletzt das früher grfl. zimmerische Haus, die alte Schule, später evang. Pfarrhof. Mit dem Aufhören der alten Verfassung im Anfang dieses Jahrhunderts und der Quelle, durch welche die Herrenstube bedingt war, erlosch auch sie selbst. – Die jungen Bürgerssöhne, welche nicht im Zunftverbande standen, hatten eine eigene, schon im Rechtsbuch von 1546 erwähnte Gesellschaft: zum Engel (vergl. z. Bisherigen v. Langen 345–404. Ruckgaber 1, 242–280).

Zur Geschichte des Polizeiwesens, des Privat- und Strafrechts.

Für die Sicherheit sorgte, soweit diese durch Bettler und heimathloses Gesindel gefährdet war, eine eigene Bettelordnung, welche

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0265.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)