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durchziehen ebenfalls den umwallten Raum; auch kommt innerhalb desselben die Benennung „Gäßlesstücklen“ vor.

Überdieß findet man bei näherer Nachforschung innerhalb der Umwallung eine Menge Fragmente von römischen Ziegeln, Gefässen etc., namentlich viele von Sigelerde, die entschieden nachweisen, daß ein ziemlich großer Theil des umfriedigten Raumes überbaut und bewohnt war. Diese letzten Zeugen von der ursprünglichen Ansiedelung erscheinen hier hauptsächlich auf der östlichen Hälfte der Flur St. Nikolaus, auf dem sogenannten Kälberwasen und gegen den oberen Theil von Altstadt hin, während sie auf der nordwestlichen und westlichen Seite des früher umwallten Raumes viel spärlicher oder gar nicht mehr vorkommen. Die zerstreut liegenden Überreste von Ziegeln, Gefässen etc. sind natürlich nicht so leicht erkennbar wie die auf Hochmauren, weil hier die Kultur den Boden schon viele Jahrhunderte bearbeitet und die Trümmer verkleinert, wie auch die dem Ackerbau hinderlichen Grundmauern wenigstens so weit entfernt hat, daß sie der Pflug nicht mehr erreichen kann. Indessen ist man hier schon früher auf Grundmauern gestoßen und heute noch liegen Trümmer von grobkörnigem Keupersandstein, der hier von Natur nicht verkommt, umher und verrathen, daß sie einst hier gestandenen Bauwesen angehörten. Auch die Benennung „Mittelstadt“, welche an der Stelle des ehemaligen Castrums haftet, beweist, daß man hier früher Gebäudesubstructionen vorfand, aus denen das Volk unrichtiger Weise folgerte: die Stadt Rottweil sei nach Zerstörung der Römerstadt bei Altstadt eine zeitlang auf der Stelle der Mittelstadt gelegen und erst später habe man das jetzige Rottweil erbaut. Daher nannte man das zwischen der Altstadt (Römerstadt) und der Stadt Rottweil gelegene ehemalige Castrum die Mittelstadt.

Hiedurch wird nun die Vermuthung, welche schon Ruckgaber in seiner Geschichte von Rottweil Band II. Abth. 2. S. 546 ff. aussprach, diese Verschanzung könnte von einem ursprünglichen römischen Lager herrühren, nicht allein bestätigt, sondern noch weiter nachgewiesen, daß die ursprüngliche römische Militärkolonie, das von einer Truppenabtheilung theilweise bewohnte Castrum, auf dieser befestigten Stelle stand. Der nicht überbaut gewesene Theil des Castrums wurde ohne Zweifel von den Militärkolonisten für die nöthigsten Lebensmittel bebaut und theilweise zu Exercirplätzen benützt.

Erst nachdem die Militärkolonie festen und gesicherten Fuß gefaßt hatte, machten sich allmählig unter dem Schutze des Castrums die bürgerlichen Verhältnisse geltend, um theils die Bedürfnisse der Militärkolonisten mehr zu befriedigen, theils um angenehme und gesicherte Wohnplätze hier zu gründen. Auf diese Weise entstand dann

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0221.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)