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Wagdenhalsthurm bei der Hochbrücke, der rothe Thurm, auch Hexenthurm genannt, an der Südwestecke der Stadt, zwischen diesem und dem Altröhrenthurm ein runder Thurm, der sogenannte Mehlsack; an der Südostecke der Stadt erhob sich der sehr ansehnliche Johannisthurm und zwischen diesem und dem Wagdenhalsthurm ein kleinerer runder Thurm. Außer dem an dieser Stadtseite befindlichen Hochbrückenthor bestanden zwischen dem Wagdenhalsthurm und dem Mehlsack das Altröhren-Thörlein und am Ende der St. Johannisgasse das St. Johannis-Thörlein. Von der Südwestecke der ursprünglichen Stadt lief die theilweise noch sichtbare Stadtmauer mit tiefem Vorgraben (Schützengraben genannt, weil sich hier die Armbrustschützen übten) parallel mit der oberen Hochmaienstraße bis an das schwarze Thor, das sich mit seinem Thurm noch erhalten hat, und weiter parallel mit der Oberamteistraße bis zur Nordwestecke der Stadt, wo sich der Predigerthurm erhob. Auch hinter dem Gasthaus zu den drei Königen stand an dieser Stadtseite ein weiterer runder Thurm. Diese gegen Westen gekehrte Seite der ursprünglichen Stadt war nun von Natur am leichtesten zugänglich und überdieß von höherem Terrain überragt; es mußte daher bei Zeiten darauf bedacht genommen werden, dieselbe stark zu befestigen und zu diesem Zwecke wurde auf der höchsten Stelle des bedeutend ansteigenden Terrains der großartige Hochthurm errichtet. Derselbe, bis zum Knopf 189,39 w. F. (54,26 m.) hoch, ist viereckig, mit scharfen Eckkanten, aus starken Buckelquadern (Kalktuff und Muschelkalkdolomit) erbaut, hat in seinen unteren älteren Theilen 12′ dicke Mauern und nur 8′ im Lichten, während die Außenseiten je 32′ lang sind. Gegen oben verjüngen sich die Mauern, so daß der Thurm 18′ im Lichten erhält. Im alten Theil des Thurmes befinden sich auf der Süd- und Nordseite je zwei schmale Lichtöffnungen (Schießscharten). Die Westseite ist ohne Lichtöffnung, dagegen war die gegen die Stadt gerichtete Ostseite ursprünglich offen und wurde erst später zugemauert. Sie hat drei Bogenöffnungen über einander, die oberste sehr hohe ist im Spitzbogen, die beiden untern sind im Rundbogen gewölbt und ruhen auf romanischen Kämpfern. Dieser Umstand, daß der Thurm gerade auf der gegen die Stadt gerichteten Seite offen war, beweist entschieden, daß er nie allein stand, sondern gleich bei seiner Errichtung in die Befestigungswerke der Stadt gezogen wurde. Man ließ ihn gegen die Stadt hin offen auf den Fall, daß, wenn er in die Hände der Feinde gefallen wäre, diese gegen die Stadt nicht schützte und daher auch nicht behauptet werden konnte. Ähnliche gegen befestigte Städte offen gelassene Thürme trifft man häufig an alten Stadtmauern. Freistehend würde demnach der Hochthurm ganz zwecklos gewesen sein, deßhalb müssen von ihm aus von jeher befestigte

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0172.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)