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und verbrannt [1]. Bis in diese Zeit (1645) bestund auch dahier die seltsame religiöse Gewohnheit, daß bey der Fronleichnams-Prozession 3 Monstranzen, eine von dem Probste zu Ehingen, eine von dem Prior der Karmeliter, und eine von dem Stadtpfarrer zum h. Martin umhergetragen wurde; welcher Übelstand erst im besagten Jahre abgestellt wurde. Im J. 1735, den 4. März, kam in des Bürgermeisters Kittele Scheuer am Sülcherthor Feuer aus, es brannten wieder 464 Gebäude ab. Das Feuer konnte mit Mühe erst den 5. März Mittags gelöscht werden. In den Jahren 1744-48 litt die hiesige Stadt viel durch Hin- und Hermärsche, Einquartirungen, Lieferungen und Erpressungen. 1744 und 1745 lagen vom Oktober bis April 700 Franzosen hier in Besatzung, erpreßten über 72.000 fl.


  1. Gräßlich ist die Geschichte der Hinrichtung des Wiedertäufers Michael Sattler: er wurde hier mit seinem Weibe, und mehreren andern Männern und Weibern, vor Gericht gestellt. Dieses Blutgericht bestund aus zwey jungen Doktoren, Juristen zu Tübingen, 2 Räthen von Überlingen, 2 von Freyburg, 2 von Ensheim, 2 von Villingen, 2 von Stockach, 2 von Ehingen, 2 von Rottenburg, unter dem Vorsitz des Statthalters, Grafen von Zollern. Das Urtheil war dahin gefällt, daß Michael Sattler dem Henker übergeben, auf einen Wagen geschmiedet, auf den Richtplatz geführt, ihm bey der Abführung zweymal mit einer glühenden Zange ein Stück aus dem Leib gerissen, und vorher die Zunge abgeschnitten werde, wenn er auf der Mahlstatt angekommen, ihm noch fünf Griffe mit der glühenden Zange gegeben, und er dann lebendig zu Asche verbrannt werden soll. Am 20. May 1527 wurden an ihm, und an 12 andern Männern und 10 Weibern die Urtheile vollzogen. Zwey Greisen, die die Wiedertaufe widerrufen hatten, sollte die Zunge gespalten werden, und sie hernach ein Jahr lang alle Sonntage während des Zusammenläutens unter der Kirchthüre stehen, und ein hölzernes Bild eines Taufsteins in der Hand halten. Veit Feringer wurde enthauptet und verbrannt; ein junger Mensch von 15-16 Jahren zu ewiger Gefangenschaft, und alle übrigen zum Feuer verdammt; die Weiber aber sollten alle ertränkt werden, und nur bey einer Schwangern wurde die Exekution bis nach ihrer Niederkunft verschoben. S. Kirchenhist. Archiv von Stäudlin 1826. IV. Heft.
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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Rottenburg. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1828, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottenburg_153.png&oldid=- (Version vom 9.12.2016)