Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

andern seinen Witz, was vorzüglich auch bey dem Rottenburger der Fall ist, der häufig bey gegebenem Anlaß seinen Mitbürgern Beynamen schöpft, die sich meist in den Geschlechtern fortpflanzen.

Die Steinlacher sind, wie schon gesagt, ein schöner, kräftiger, unter den Männern großer Schlag Menschen, gewandt, sich in die Welt wohl schickend, und daher weit umher wandernd, besonders mit Branntwein und getrocknetem Obst aller Art handelnd. Gestalt, Sitte und Sprache lassen fast auf einen ausländischen Ursprung schließen, und, bestätigen einiger Maaßen die Volkssage, als seyen dieselben eine schwedische Kolonie. Ausgezeichnet ist die Weibertracht. Ganz kurze, nur an die Beugung des Knies reichende, blaue, auch grüne, faltenreiche wollene Röckchen, unten mit Gold- oder Silberborten, auch bunten Bändern verbrämt, weiche hellrothe Mieder und vorstehende Brusttücher von Krepp, lange, schneeweiße, gefältelte bloße Hemdärmel, weiße, schmale Goller mit Spitzen; weiße Schürzen von feiner Leinwand [1], weiße Strümpfe, bis zum Knie sichtbar, weit ausgeschnittene Schuhe mit weißer Rose; das meist schwarze Haar in lange Zöpfe geflochten und mit bunten, rückwärts herabhängenden, Bändern verziert, darauf eine enganschließende, wie ein Kranz die Stirn umlaufende, gerade auf dem Wirbel liegende Haube mit Flor, der tief die Augen beschattet; endlich ein Gürtel um den Leib, an Werktagen von Messingdraht, an Sonn- und Festtagen von Sammt oder Seide, mit Buckeln, Börtchen oder Schnüren verziert: so stellt sich die Steinlacherin als eine schmucke Dirne mit rothen Wangen, voll Gesundheit und Fülle dar, und besonders interessant ist ein Zug solcher Mädchen bey einer Hochzeit, wo sie Paar und Paar vor den Brautleuten einherziehen. Überhaupt hat die Verschiedenheit der Konfessionen großen Einfluß auf Charakter, Sitte und Kleidung der Oberamts-Einwohner, und man will auch hier, wie anderwärts, mehr Heiterkeit im Umgang bey den Katholiken,


  1. Die Weiber tragen schwarze. A. d. H.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Rottenburg. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1828, Seite 069. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottenburg_069.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)