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Ernst Boger, Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oehringen

Lyceum und die Gewerbe-Fortbildungs-Schule, welcher bereits im allgemeinen Theil bei den Anstalten des Bezirks Erwähnung geschehen ist.

Vor der Reformation ging der Unterricht von dem Stifte aus, in welchem ein Canonicus Rector Scholarum war. In Folge der Reformation wurde der letzte vom Stifte angestellte Schulmeister 1546 „wegen seines und seines Weibes Unwesen“ entlassen; auswärts ein tüchtiger Lehrer gesucht und gewonnen, nämlich Joh. Ruthenius, Gnostopolitanus, d. h. von Canstatt. Er mußte auch das Cantorat im Stifte besorgen, was er nicht thun wollte, weil die Chorherrn ein so ärgerlich Leben führen, wozu er aber doch gezwungen wurde. Sein Collaborator war Georg Schuhmann bis 1547. Graf Albrecht von Hohenlohe sorgte eifrig für die Errichtung der Schule und gab 1549 die erste Schulordnung. Die Schulordnung handelt von dem, was bei Anrichtung einer christlichen Schule nothwendig zu bedenken sei, von Lehrung und Lernung guter Künste, von der Ordnung der Klassen und Lektionen, von dem otio oder vacatione a literis, von den guten Sitten der Knaben und der censura. Zu den 3 Lehrern, Rector, Cantor und Substitutus kam 1558 durch die Grafen Ludwig Casimir und Eberhard ein vierter und 1571 mit einer zweiten Schulordnung ein fünfter hinzu; 1581 wird ein Alumneum als mit der Schule verbunden aufgeführt, worin 10 Stipendiaten nothdürftig unterhalten werden sollten. Diese Jünglinge wurden strenge gehalten, durften nicht ausgehen, mußten über das Essen disputiren etc. In demselben Jahre wurde bei der Schulvisitation beschlossen, daß der Catechismus Chytraei statt des Examinis Phil. Melanchthonis wieder gebraucht, hebräisch nach dem Compendium Osianders gelehrt und durch den Catechismus Claji, item Evangelia dom. et Psalmos geübet, die Schule wöchentlich durch die Oehringischen Kirchendiener visitiret, das Schulexamen nicht so lang wie früher (3 Wochen) fortgesetzet werden sollen, „jede Klasse solle“ unterschlagen und eine Heimlichkeit zu Verhinderung des Auslaufens solle in die Schule gebracht werden.

Als 1602 unter dem Rector Taurinus das jetzt sogenannte Gymnasium so in Aufnahme gekommen, daß es von vielen anderen in ansehnlichen Reichsstädten, von den Professoren auf Universitäten sehr gelobt und weit vorgezogen wurde und als deßhalb durch den täglichen Zuwachs die Anzahl der Knaben, beides, einheimische und ausländische, von entlegenen Orten, darunter viele vom Adel, so hoch gestiegen war, daß alle Classen damit besetzt und keine Sitzstätte mehr vorhanden war,“ so hat Graf Philipp von H. Neuenstein mit

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Ernst Boger, Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oehringen. H. Lindemann, Stuttgart 1865, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAOehringen0132.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)