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Ernst Boger, Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oehringen

von altwürttembergischen Orten ziemlich selten sind. Im Allgemeinen sind die Bewohner, gegenüber den Altwürttembergern, lebhafter, gewandter und höflicher im Umgang, aufmerksamer gegen Fremde; dagegen gehören zu den Schattenseiten einige Verschmitztheit im ganzen Wesen, sonderlich im Handel und Wandel, welche gerne die Form der hingebenden Offenherzigkeit annimmt; ferner oberflächliches, der jeweiligen Strömung folgendes Urtheil.

Der Menschenschlag ist sehr verschieden und wechselt von minder ansehnlichen, theilweise cretinenartigen Leuten bis zu schönen, kräftig gewachsenen Menschen; im Allgemeinen jedoch gehören die Bezirksbewohner zu den minder kräftigen des Königreichs.

Nach einer 24jährigen Durchschnittsberechnung von den Jahren 1834–1857[1] waren in dem Bezirk unter 100 Conscriptionspflichtigen 14,38 wegen mangelnder Körpergröße untüchtig, so daß derselbe unter den 64 Oberämtern die 54. Stelle einnimmt (die günstigsten Resultate lieferte Wangen mit 4,22, die ungünstigsten Weinsberg mit 18,83). Wegen Gebrechen waren von 100 Pflichtigen untüchtig 40,83, so daß in dieser Beziehung der Bezirk unter den 64 Oberämtern die 35. Stelle einnimmt (die günstigsten Resultate lieferte Saulgau mit 32,99, die ungünstigsten Sulz mit 49,78). Untüchtig überhaupt waren 55,21, so daß in dieser Beziehung der Bezirk unter den 64 Oberämtern die 51. Stelle einnimmt (die günstigsten Ergebnisse zeigte Saulgau mit 37,76, die ungünstigste Freudenstadt mit 63,86). Unter sämtlichen der ärztlichen Visitation und dem Messen unterworfenen Conscribirten (von 1834–1857: 4269 Mann) waren 614 wegen mangelnder Körpergröße, 1743 wegen Gebrechen, im Ganzen 2357 untüchtig.

In Beziehung auf Gesundheitsverhältnisse und Krankheitsformen theilt Oberamtsarzt Dr. Eisenmenger folgendes mit: in der Stadt Oehringen ist im Allgemeinen der Gesundheitszustand gut; die meist vorkommenden Krankheitsformen sind: Phthisis, Gicht, Hämorrhoiden, Unterleibsbeschwerden, Magenleiden, Syphilis, Krätze; unter den Kindern Rhachitis, Scropheln. Selten sind Epidemieen, rothe Flecken, Scharlach; sehr selten Nervenfieber, Schleimfieber.

Was die Sanitäts-Verhältnisse betrifft, so werden die Orte folgendermaßen prädicirt: 1. in Möglingen: guter Gesundheitszustand, 2. in Ohrnberg: Brüche und Kröpfe ziemlich häufig, 3. in Sindringen: Cretinismus, Scropheln,


  1. S. Württemb. Jahrb. 1857. Heft I. S. 158 ff.
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Ernst Boger, Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oehringen. H. Lindemann, Stuttgart 1865, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAOehringen0037.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)