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Neuenstadter Niederlassung eine Römerstraße (oben Nr. 3) nördlich über Bürg, weiter „über die Höhe“ an die Jagst nach Züttlingen. Daß die römische Niederlassung, deren Namen wir nicht kennen, so ziemlich auf der Stelle der heutigen Stadt, vielleicht etwas mehr nach Osten sich erstreckend gestanden hat, ist unzweifelhaft. Das heutige Schloß steht wohl auf dem Grund des alten Kastells. Die oben S. 232 f. beschriebenen Denkmäler römischer Ansiedlung mit Inschriften sind zwar theilweise auf der Markung von Gochsen gefunden worden, gehören jedoch entschieden zu der Niederlassung Römisch-Neuenstadt-Helmbund. Ob die mit Backstein gemauerten Räume, die man in der sog. Manggasse (Haus-Nr. 199) fand, altrömischen Ursprungs sind (Hypocaustum), ist bis jetzt noch nicht festgestellt worden. – Von Münzen wurde gefunden im Jahr 1864 bei Ausgrabung eines Kellers beim Thorhäuschen eine römische Silbermünze im Umfang eines Kreuzers, aber dicker als ein Guldenstück. A.: Kopf mit Helm, darüber der Buchstabe R. R.: Ein Zweigespann, darüber ebenfalls R. Caput Romae galeatum. Venus in bigis cupidinum. Auch von Heliogabalus, Trajanus und Alexander Severus sollen hier Münzen schon in früherer Zeit gefunden worden sein. –

Östlich vom Schloß, nördlich vom äußeren Marktplatz, steht die alte ehrwürdige Linde[1], nach der Neuenstadt benannt wird. Der Baum steht auf einer sehr alten öffentlichen Gerichtsstätte aus der Zeit der Gauverfassung, wie lange, ist kaum mehr zu schätzen. Der frühere Neuenstadter Schulmeister und Präzeptor Jakob Frischlin beschreibt ihn 1606 folgendermaßen: „Gleich vor dem oberen Thor zu der Newenstadt stehet ein wunderbarlich großer Lindenbaum, so breit und dick, dergleichen keiner in ganz Europa zu finden ist, welches Äst ringsherum liegen auf 160 (?) Säulen. Ist mancher Ast so dick als etwa ein großer Baum. Hat jeder Nast bis zum Stamm 30 Schritt und ist der Stamm 30 Ellen dick. Er ist gar hoch und wird von hölzernen Zwenken oben zusammengezogen, denn er hat zween Stammen oben in der Zwickgabel. Wenn kein Lindenbaum dastundt, wäre es ein ziemlich großer weiter Garten, denn


  1. Vgl. Pfizenmayer in der Monatsschrift für die Forstwirthschaft 1856 S. 360 ff., Walser in den Jahresheften des Vereins für vaterl. Naturkunde 1861 S. 70, Caspary ebendas. 1868 S. 193 ff. (Siehe auch unten in der Geschichte der Stadt.)
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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Neckarsulm. Kohlhammer, Stuttgart 1881, Seite 552. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OANeckarsulm0552.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)