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daß nit zu zweifeln, wenn man dergleichen aller Orten thäte, der Allerhöchste sich unser gnädig erbarmen würde; auch in Hall seien die Vornehmsten mit Einpackung ihrer besten Sachen beschäftigt, ja in Stuttgart die vermöglichsten Bürger schon ausgewichen. Indessen stellte sich das Ganze bald als blinder Lärm heraus, daß nemlich, wie der Vogt Diem von Neuenstadt nach Mosbach schrieb, „Völker aus Kur-Brandenburg geschickt worden, davon ein Regiment Polacken, die ohne Zweifel für Tartaren angesehen und diesen Schrecken verursacht“. (Zeitschr. f. d. Gesch. d. Oherrh. 22, 380 ff.) Im folgenden Jahr 1664 wirkte in der That der Türkenkrieg bis in unsere Gegend: am 5. Dez. zogen Franzosen aus Ungarn über Neckarsulm und Jagstfeld der Heimat zu. Hiebei mag noch erwähnt werden, daß, aus wirklichen Türkenkriegen wohl durch Deutschherren mitgebracht, 1687 und 1700 zwei Türkinnen, 1695 ein Türke in Neckarsulm getauft worden sind.

Es kommt die Zeit der ernstlichen heute noch im Lande nicht vergessenen Franzosenschrecken, die übrigens an unserem Bezirk verhältnismäßig schonend vorübergingen. Schon 1673 müssen gegen die von Ludwigs des Vierzehnten Eroberungssucht drohenden Gefahren Truppen in den Bezirk gelegt werden, über deren Aufführung man sich in Neuenstadt beklagte. 1674 im September lag „der große Kurfürst“ Friedrich Wilhelm von Brandenburg mit dem Kurprinzen auf dem Weg ins Elsaß zu Neckarsulm, am 1. Oktober marschirten die Braunschweig-Lüneburger durch. Im Mai 1675 und im Herbst 1676 und 77 bringt man in Neuenstadt die bessere Habe vor den angekündigten Kaiserlichen in Sicherheit; 1678 „brach auch unter den vom jetzigen sede belli weit abgelegenen Orten eine große Zaghaftigkeit und Furcht aus“. Am 7. Oktober nehmen die Franzosen unter Montclar Heilbronn ein, dieser verläßt es aber schon am andern Tag und rühmt sich zu Neuenstadt gegen Herzog Friedrich August, daß er mit so wenig Volk sich eines so glücklichen Erfolgs nicht versehen hätte. (Jäger, Heilbr. 2, 237.) Im Spätherbst 1688 brandschatzen die Franzosen Neckarsulm; im August 1689 richten Baiern mit Fouragiren und Rauben viel Schaden an. Im Oktober bezogen Reichstruppen unter dem Kurfürsten von Sachsen Winterquartiere in Neckarsulm, Binswangen, Erlenbach etc. 1691 sind Bayern in Neckarsulm. 1693 im Sommer suchten die Franzosen wieder das rechte Neckarufer zu gewinnen, weshalb um Kochendorf zahlreiche Reichstruppen

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Neckarsulm. Kohlhammer, Stuttgart 1881, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OANeckarsulm0219.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)