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Möckmühl gepflegt, wo sich Schützengilden befinden, die einen Schießstand haben. – Tanz findet, außer bei besonderen Veranlassungen, fast überall an denselben Tagen im Jahr statt, am allgemeinsten an der Kirchweihe, (nur Kochendorf hat keine solche s. u.) sonst auch noch am Ostermontag und theilweise in der Ernte (Höchstberg und Tiefenbach), vereinzelt auch am Pfingstmontag oder am Markt. In Gochsen werden die Mädchen zu solchem Tanz von den ledigen Burschen in den Häusern abgeholt, und es geht dann im Zuge zum Wirthshaus.

Bei Taufen findet im Hause ein meist einfaches Essen mit Trunk statt, in Brettach „Taufsuppe“, in Binswangen „Kindszeche“ genannt; die ledigen Pathinnen, zum Theil auch die das Kind zur Kirche tragenden Kinder sind mit Kränzchen geschmückt. Meistens wird bei den Taufen auch geschossen, wie bei den Hochzeiten. Letztere finden fast nie im Wirthshaus, sondern regelmäßig im Hause der Braut statt, wo ein einfaches Essen gehalten wird, an dem die Verwandten theilnehmen. In Gochsen herrscht die Sitte, daß zu diesem Essen die Geladenen vorher Eier, Butter u. s. w. in das betreffende Haus schicken; in Bittelbronn hält der Schulmeister nach der Trauung eine Rede im Haus der Braut, wofür er ein baumwollenes Taschentuch bekommt; in Degmarn und andern Orten findet an dem auf die Hochzeit vom Dienstag folgenden Freitag feierlicher Einzug oder Umzug in die neue Heimat des Brautpaars statt unter Schießen und Gesang. In Neckarsulm wurden früher die Hochzeitessen auf dem Rathhaus gehalten, wo sich noch 2 Küchen befinden. Tanz findet, da die Hochzeit nicht im Wirthshaus ist, und in den Privathäusern meist die Enge des Raums ihn verbietet, selten und nur gelegentlich dabei statt, hier und da nach einem Klavier oder einer Ziehharmonika (Gochsen). – Die Neujahrsnacht wird mehr oder weniger durch Schießen gefeiert; in Neckarsulm singen in der Neujahrs- und Christnacht die beiden dort bestehenden Gesangvereine in der Stadt herum vor den Häusern der Beamten und Honoratioren, wofür ihnen zur Stärkung und Erwärmung ein guter Trunk gespendet wird.

Bei Leichenbegängnissen findet im Trauerhause ein Leichentrunk statt, doch nie und nirgends in der Art, daß eine Zecherei daraus entstände, vielmehr ist es eine meist einfache Bewirthung der Angehörigen. Kindern unter einem Jahr hält in der Regel der Schulmeister eine Grabrede, sog. Abdankung. In Gochsen besteht die Sitte, daß bei Leichenbegängnissen Erwachsener

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Neckarsulm. Kohlhammer, Stuttgart 1881, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OANeckarsulm0110.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)