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Naturschönheiten und landschaftlicher Charakter.

Der Bezirk, auf der rechten Seite des Neckars, bevor dieser unser Land verläßt, an der Einmündung seiner zwei stärksten Zuflüsse, des Kochers und der Jagst, gelegen, fast ringshin, näher oder entfernter, von Bergreihen umgeben, bietet an landschaftlichen Schönheiten beachtenswerth Vieles, zeigt auf bescheidenem Raum wohlthuende Abwechslung. Freilich steigert sich nirgends die Natur zur Großartigkeit, aber der Anblick mildsonniger rebengrüner Thäler, des weich und so viel gebuchteten Waldgebirges, fein umrissener einzelner Höhen oder weiter von zartblauen Bergen umschlossener Fernen läßt eine sanfte Beruhigung zurück im Gemüth, einen poetischen Hauch, und es fügte sich schön, daß die Mütter zweier unserer größten und tiefsten schwäbischen Dichter, Schillers und Mörikes, in einem der stillsten Winkel des Bezirks, auf dem Kirchhof zu Cleversulzbach ruhen.

Außer den von der Ferne hereinschauenden Bergzügen bedingen hauptsächlich zwei im Bezirk selbst auftretende Formen der Landschaft seine Schönheit. Das im Westen breit und gesegnet hinabziehende, zu Seiten mit kecken Burgen besetzte weinfrohe Neckarthal, und das im Süden hinter fruchtbarer Ackerlandebene reichgegliedert, z. Th. in schöne vereinzelte Berghöhen aufgelöst, sich erhebende Waldgebirg, das seine gerundeten Ausläufer noch weit herein in die Ebene sendet. Diese wird ihrerseits wieder von zahlreichen Bächen und Mulden, und dann von den zwei tiefen, oft steil und felsig einbrechenden, schlangenartig gewundenen Thälern des Kochers und der Jagst durchfurcht; und endlich liegt zwischen beiden Schwesterflüssen, welche sich fliehen und fast wieder berühren, da wo sie am meisten von einander entfernt sind, als eine Stätte für sich, weitausgedehnt der prächtige, von kühlen Schluchten durchrissene Hardthäuser Wald.

So treffen wir hier Blachfelder des ergiebigsten und aufs sorgfältigste bebauten Bodens, sonnige steile Halden, die vom Besten liefern, was Württemberg an edlem Rebensaft hervorbringt, saftige Wiesen in den Gründen und in den Thälern dreier Flüsse, einen Kranz dunkler Wälder, auf dem das über die Felder schweifende Auge mit Befriedigung weilt.

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Neckarsulm. Kohlhammer, Stuttgart 1881, Seite 046. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OANeckarsulm0046.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)