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zurück und kommen von einem hochgelegenen Muschelkalkplateau herab, das nur an wenigen Stellen von Lehm bedeckt ist.

Wandert man von Möckmühl oder Widdern eines dieser beiden stillen Wiesenthaler dem Bach entlang hinauf, so ist man erstaunt, alle paar hundert Schritte einen kleinen Wasserfall zu finden; kaum hat das Getöse des einen verhallt, so beginnt schon das Rauschen des nächsten. Der Bach fällt hier über eine Reihe natürlicher, von ihm selbst gebildeter Wehre von Kalktuff, deren Entstehung man an einzelnen Steinen noch recht wohl erkennt: in dem löcherigen Gestein stecken noch die Stengel der Moose, welche der Kalktuff übersintert hat, die Spitzen wachsen aber in dem feuchten Gestein kräftig weiter und geben durch immer erneute Entziehung von Kohlensäure, dem Lösungsmittel des Kalks im Wasser, zu ferneren Incrustationen und damit zu immer neuer Gesteinsbildung Veranlassung. Zwischen einem und dem anderen Wasserfall scheint das Wasser still zu stehen und ist hier der Bach auffallend tief, während die Höhe des darauf folgenden Wasserfalls nicht über einige Fuß beträgt. Diese Wasserfälle wiederholen sich bis weit hinauf über Sennfeld und Oberkessach.

Der Kalktuff spielt auch sonst in beiden Thälern eine Rolle. Oberhalb Widdern sind an der Kessach Gruben im Tuffsand; am Bahnhof Adelsheim stehen mächtige Tuffsande an und ein Theil der Stadt steht auf Tuff; in Roigheim steht die Kirche und die angrenzenden Häuser im Kalktuff.

Diese sporadischen und doch lokal so mächtigen Ablagerungen von Kalktuff können nicht durch den Kalkgehalt erklärt werden, welchen das Wasser aus dem Hauptmuschelkalk mitbringt, da hier nirgends Quellen mit starkem Gehalt an Kohlensäure bekannt sind, welche an anderen Orten solche Niederschläge erzeugen und das Vorkommen von Kalktuff nicht in dem Hauptmuschelkalk, sondern vielmehr in dem Anhydritgebirge liegt und sich ganz analog ebenfalls innerhalb des Bezirks in den Gipsmergeln des Keupers wiederholt, wo der Kalktuff von Quellen abgesetzt wurde, welche kein Kalkgebirge zuvor passirt hatten. Die bituminösen Mergel, mit welchen der Gips vorkommt, wirken vielmehr unter Entwicklung von Kohlensäure reducirend auf den Gips ein, wodurch derselbe zu Schwefelcalcium wird, aus welchem sich unter der Einwirkung von Wasser und Kohlensäure der als Kalktuff abgesetzte kohlensaure Kalk und Schwefelwasserstoff bildet.

In Roigheim treffen wir beide Produkte dieser Zersetzung, Kalktuff und Schwefelquellen.

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Neckarsulm. Kohlhammer, Stuttgart 1881, Seite 017. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OANeckarsulm0017.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)