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Dinkel und 5 Scheffel Haber von dem Kirchheimer Zehntantheil gegen Einführung des letzteren. Der Weinzehnte gehörte der Universität.

Neckar-Thailfingen (in der Volksaussprache Dolfingen, was auf das ursprüngliche Dagolfingen deutet) ist ein ansehnliches Dorf, am linken Neckarufer hin lang gestreckt, ohne eigentliche Seitengassen. Die Pfarrkirche (zum h. Martin) gehört zu den beachtenswürdigern älteren Bauwerken Württembergs; sie ist im edlen Styl der byzantinischen Bauart wahrscheinlich zu Anfang des 12ten Jahrhunderts erbaut. Der Chor ist außen rechtwinklich abgeschlossen und hat ein hohes und schlankes Rundbogenfenster; innen ist die Chornische halbrund. Das Langhaus ist dreischiffig; das Mittelschiff hat, wie die beiden Seitenschiffe, eine flache Bretterdecke. Das offenbar spätere südliche Seitenschiff hat Spitzbogen-, das nördliche kleine runde Fenster, beide aber gegen Morgen halbrunde Altarnischen, gleich dem Chor. Die Säulen haben Würfelcapitäle. Das Innere ist durch Emporen sehr verbaut. Gegen Süden steht in der Mitte der Abseite eine zierliche gothische Vorhalle. Das Ganze ist mit gelbem Sandstein mehr nur überkleidet, als aus solchem wirklich aufgeführt, und zeigt besonders am Chor mehrere sehr bedenkliche Risse. Der Thurm an der Abendseite, der ein schönes, harmonisches Geläute trägt, ist jünger als die Kirche, ebenfalls eine sehr reinliche Arbeit aus gelben Sandsteinquadern, aber gegen Südwest merklich gesenkt. Die weiten Schallfenster haben sehr zierliche gothische Füllungen von ähnlicher Zeichnung, wie am kleinen Stiftsthurm in Stuttgart. Über dem Eingang liest man die Jahrszahl 1501 (nicht 1401). Das Eigenthumsrecht an die Kirche und somit die Baulast gehört ohne Zweifel dem Ortsheiligen. Das Kirchenpatronat steht der Universität Tübingen zu, ein Recht, das unter der vorigen Regierung eine Zeitlang suspendirt war und erst 1819 wieder zurückgegeben wurde. Vor der Reformation bestanden eine Frühmeßpfründe, eine Marie-Magdalenen- und eine Caplanei zu U. L. Frau. Erstere hatte Württemberg, die zweite das Fischer’sche Geschlecht und letztere das Capitel Urach zu verleihen. Diese sämmtlichen Pfründen wurden 1536 für die Universität eingezogen (Hofmann Darstellung des ökonom. Zust. der Tüb. Hochsch. S. 15). In alten Zeiten scheint die hiesige Parochie über mehrere benachbarte Orte, namentlich Schlaitdorf, ausgedehnt gewesen zu seyn, jetzt ist noch Altdorf hieher eingepfarrt. Der oberhalb der Kirche gelegene Begräbnißplatz ist 1844 erweitert und in eine neue und gefällige Anlage umgeschaffen worden. Das Pfarrhaus in hoher Lage, mit schöner Aussicht, 1770 neu erbaut, war Eigenthum der

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August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Nürtingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAN%C3%BCrtingen_187.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)