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welchen einige, besonders der Boden- (Gefängniß-) Thurm an der nordöstlichen Ecke, der Pulver-, hohe Wacht- und obere Thor-Thurm von schönen Quadern erbaut waren.[1] Thore mit Fallgittern waren drei vorhanden. Seit etwa dreißig Jahren aber sind die Graben ausgefüllt, die Mauren bis auf wenige Reste an der Abendseite abgetragen, die Thürme aber ganz verschwunden. Der Ort unterscheidet sich vom Dorf nur durch engere Bauart und etwas regelmäßigere Anlagen, ist auch in seinen drei Hauptgassen von älterer Zeit her gepflastert, aber nicht sehr reinlich, und hat viele geringe Häuser. In neueren Zeiten hat sich das Städtchen auf der Nordseite über die alte Einfriedigung hinaus erweitert. Die Pfarrkirche hat einen schönen gothischen Chor aus der zweiten Hälfte des 15ten Jahrhunderts mit Sterngewölbe und einen ansehnlichen Thurm (1460) mit hohem Pyramidendach und einem guten Geläute. Das Langhaus aber, über welchem sich ein Fruchtkasten befindet, ist durch ein zu niedriges Bretterdach entstellt. Unter dem Taufstein liest man die Grabschrift des Dieboldus miles de Bernhausen † 1286 (Chron. Sindelf. S. 20 ed. Haug). Die Baulast der Kirche liegt zunächst der Stiftungspflege ob. Der Begräbnißplatz befindet sich an der Nordseite des Ortes und besteht aus zwei getrennten, abwechselnd benutzten Friedhöfen. Das hohe, ungewöhnlich geräumige Pfarrhaus ist Eigenthum des Hospitals Kirchheim, welchem früher als Schenkung Graf Ulrichs der Pfarrsatz zustand (s. vorhin, Cleß C. 666, vergleiche indeß Steinhofer 2, 876), und noch jetzt die Besoldung der Pfarrstelle obliegt.[2] Wegen seiner Zehnten und Gülten hat dieser Hospital hier einen Fruchtkasten. Das Schulhaus hat die Gemeinde 1820 erbaut; an der Schule arbeiten zwei Lehrer; eine Kleinkinderschule ist bald nach ihrer Errichtung wieder eingegangen; geringen

  1. Wirklich sollen sich die Grötzinger in ältern Zeiten auf das wehrhafte Aussehen ihres Städtchens nicht wenig zu Gut gethan haben. Noch ergötzt man sich an der Sage, daß als i. J. 1546 ein kaiserliches Streifcorps sich dem Orte näherte, die Bürger in Ermanglung von etwas Besserem auf den Einfall kamen, hölzerne Brunnenteichel auf ihre Stadtmauer zu schaffen und deren Mündungen drohend zu den Schießscharten herausschauen zu lassen, worauf die Kaiserlichen eilig das Weite gesucht haben. So erzählen Crusius, Zeiler, Rebstock; anders aber Fischlin Mem. theolog. 1, 70: non his tubulis, sed Bindero pastori conservationem suam debuerunt 1546 Grezingenses, qui capitaneis Hispanorum obviam processit... cujus sermonibus permoti discesserunt.
  2. Noch vor der Reformation bestanden drei Caplaneipfründen, die Frühmeß-, heilig Creuz- und Sanct Catharina-Pfründe, welche Württemberg zu vergeben hatte.
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August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Nürtingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAN%C3%BCrtingen_162.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)