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Vicinalstraßen gehen von hier nach Unter-Derdingen und Flehingen, nach Sternenfels und Groß-Villars. Einzelne kleine Brückchen und Stege führen über die Kraich und deren Zuflüsse; sie sind von der Gemeinde zu unterhalten.

Die hiesigen Einwohner finden ihre Haupterwerbsquellen in Feldbau, Viehzucht, Wein- und Obstbau; Gewerbe werden nur in kleinem Umfange betrieben; es leben hier die gewöhnlichen Handwerker, die alle auch nach außen arbeiten. Dann bestehen 2 Getreidemühlen, die obere mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang, und die untere mit 3 Mahlgängen, einem Gerbgang, einem Schälgang und einer Einrichtung zum Ölmahlen; endlich besteht eine weitere durch ein Pferd getriebene Ölmühle. Vier Schildwirthschaften, zwei Bierbrauereien, eine Speisewirthschaft, zwei Kaufläden und ein Kramladen sind vorhanden.

Die vier jährlich hier abgehaltenen Krämermärkte haben Bedeutung, nicht aber die damit verbundenen Viehmärkte.

Die Vermögensverhältnisse sind günstig, ein Mittelstand herrscht vor und fast Jeder hat sein Auskommen. Der größte Grundbesitz beläuft sich auf 40–45 Morgen, der des Mittelmannes auf 10–12, bei der ärmeren Klasse sinkt er bis zu 1/4 Morgen herunter. Armenunterstützung erhalten 10–12 Personen.

Ein eigenthümlicher Volksbrauch ist, daß je an Lichtmeß der Besitzer der oberen Mühle 6 Kuchen liefern muß, von diesen erhalten 4 die ledigen Bursche, einen der Schultheiß und einen der Revierförster; überdies bekommen die ledigen Bursche 5 fl. aus der Gemeindekasse zum Verzechen, wobei alsdann ein kleiner Tanz abgehalten wird. Das Ortslagerbuch von 1720 enthält hierüber folgendes:

I. Theil. Bl. 1094 ff. Untere Mühle. Nichtweniger hat Müller Jahrs auf Lichtmeß Einen sogenannten Mühlkuchen, als biß daher und von ohnerdenklichen Zeiten Herkommens und üblich gewesen ist, zu raichen, der soll halten 15 Pfund etc.

(Bl. 1096.) Und hat es mit dem Mühlkuchen (gleich wie bey diser also auch bei der obern Mühlen) vermög uhralter Amtsrechnungen die Meynung: Nemlich es seyen am Liechtmeßtag altem Gebrauch nach die Hofdiener und Knecht in beide Mühlenen (nemlich in die obere und in dise die untere Mühlin) mit einer Flaschen Wein gezogen, und es seyen Ihnen von Jed wederem Müller uff einer Kreuzstang darzu geordnet, die mit einem grünen Buchsbaum und mit aufgestellten Äpfeln geziert gewesen, nebst einem Trunkh, zur Ergözlichkeit, Ihrer das Jahr umhin habender vielen Bemühung, und um willen die beede Mühlenen dem Closter mit einem ziemlichen Mühlzinnß verbunden, zur gedächtnuß denenselben Kuchen gegeben, und also uffgezöhrt und empfangen worden.

Solche Mühlkuchen aber werden nunmehro durch die Ledige

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0195.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)