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seinen untern Mauern noch aus dem zwölften Jahrhundert, wieder einer von den Beweisen, daß das Kloster gleich zum Beginn in ganz umfassender Weise angelegt wurde; am besten erhielt sich der an der Südseite hinziehende Gang, der sich gegen Süden, gegen den Garten hin noch mit zwei romanischen Arkadenfenstern öffnet und an seiner Rückwand romanische Thüren und Fenster zeigt. Die eigentlichen Umfassungsmauern haben Fensterchen aus ziemlich frühgothischer Zeit. Im Erdgeschoß aber ist ein großer, unter Abt Entenfuß erbauter Saal, dessen aus starkem Eichengebälk gezimmerte flache Decke auf sehr schönen Steinsäulen vom spätesten gothischen Geschmacke ruht. Sie haben Würfelknäufe, reich umflochten von gothischem Stab- und Blumenwerk, das sich auch an den Säulenschäften in wechselndem Spiel herabzieht. Die Nordseite des ausgedehnten Gebäudes schmückt ein sehr zierlicher halbachteckiger steinerner Erker; der Schlußstein seines Gewölbes trägt, gleichwie eine jener Säulen, einen den Abtstab haltenden Entenfuß, das Wappenzeichen des Abtes Entenfuß, der im Jahr 1517 in der vom Parlatorium mit dem Herrenhaus gebildeten einspringenden Ecke auch die schöne, 1868 erneuerte Wendeltreppe mit hohler Spindel erbauen ließ; die Inschrift daran lautete:

Anno domini MCCCCCXVII sub venerabili Domino Domino Johanne Entenfus Abbate arte et ingenio fratris Augustini hoc opus erigitur.

Westlich stieß in geradliniger Fortsetzung an das Herrenhaus die alte Prälatur, wahrscheinlich die von Abt Heinrich II. (1384–1402) errichtete domus abbatialis, abgebrochen im Jahre 1751 und bis dahin Wohnung der Äbte oder Prälaten. An der noch theilweise stehenden nördlichen Mauer ist eine Stabwerks-Pforte mit der Jahreszahl 1497.

Hinter dem Herrenhaus und den Ostarmen der Kirche dehnt sich ein großer schöner Garten hin, der frühere Herrenkirchhof. Hier liegt beim Herrenhaus der in unserer Zeit reich mit gothischem Steinwerk umfaßte Scheerbrunnen, an dem früher die Tonsur der Mönche vollzogen wurde, und am Südostende des Gartens steht halbversteckt von den vollen Kronen hoher Laubbäume der malerische, bis hinauf von Epheu übergrünte Faustthurm. Auch hier habe Doktor Faust sein Wesen getrieben, wie in der Klosterküche, die sein Laboratorium gewesen sei, und wie in jenem düsteren kreuzgewölbten Gemach zwischen Dorment und Kirche, wo ihn der Teufel geholt haben soll.

Noch sind zu erwähnen die vielen Grabplatten, die den Boden verschiedener Räume bedecken, freilich z. Th. stark oder fast ganz abgetreten sind, vor hundert Jahren aber abgezeichnet und in einem Band in der Ephoratsregistratur niedergelegt wurden. Es sind die

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0157.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)