Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und dem Querschiff der Kirche sich hinziehende schmale Gang diente, ist unbekannt, gegen Süden hat er ein trefflich gefülltes frühgothisches Fenster und gegen den Kreuzgang jene sehr schöne mit Lilienzacken besetzte Pforte. Im Norden läuft dagegen ein 13′ breiter Verbindungsgang hin, ganz im edlen Stile des Kapitelsaales gehalten und von zwei auf Säulen ruhenden Rippenkreuzgewölben bedeckt. Seine westliche Pforte hat im Bogenfelde zierliches Maßwerk, seine östliche ein erhaben gearbeitetes Agnus Dei, und diese führt in das schief (gegen Nordost) hinziehende Parlatorium, eine 88′ lange, 20′ breite und ebenso hohe Verbindungshalle zwischen dem Kloster und dem Herrenhause. Hier allein im Sprechsaale, dessen reiche Fischblasenfenster gegen den Garten hinausgehen, durften die Mönche untereinander und mit Fremden sprechen, er wurde im Jahre 1490 u. f. errichtet in höchst wohlthuenden Verhältnissen und mit einem viel- und scharfrippigen, tonnenartigen Netzgewölbe, das noch lebhaft bemalt ist; an der Ostwand sieht man eine große und großartig aufgefaßte, leider halbvergangene gothische Freske: Maria mit dem Kinde, rechts ein Bischof. In der Südwestecke steht ein steinernes Wendeltreppenthürmchen mit der Inschrifttafel:

Divae virgini Mariae ac posteritati bene merenti Johannes Burrus de Brethen Abbas per F(ratrem) Conrad Conversum de Schmye hoc opus erigens a fundamentis consummavit.

Anno Domini MCCCCLXXXXIII.
L(aus) O(ptimo) D(eo).

Darunter steht: Restaurirt Anno Domini 1862.

Die schön gearbeitete Treppe führt hinauf in das Oratorium. Dieses liegt gerade über dem Sprechsaal, ist aus derselben Zeit und von derselben Größe; sein reiches und kräftiges, von Konsolen getragenes Sterngewölbe hat schöne Schlußsteine, worauf die ausdrucksvollen Brustbilder der vier großen Kirchenväter Augustin, Ambrosius, Hieronymus und Gregor, und des h. Bernhard von Clairveaux, dann Maria mit dem Kinde, schöne Blattkränze und ein Engel mit Wappenschild, worauf ein Abtstab und I O B. Die Gewölbe wurden in unserer Zeit wieder bunt bemalt und vergoldet, die hohen Maßwerkfenster mit verzierten Glasscheiben versehen. Am Äußern des zweistockigen Gebäudes steigen (nunmehr auch erneuerte) Strebepfeiler mit gedoppelten Spitzsäulen hoch empor.

Das Herrenhaus, im Äußern 104′ lang und halb so breit, ursprünglich mit Herrengemach, Fürsten-Tafelstube und Herrenbad für Besuche des Schirmherrn eingerichtet, später weltlichen Beamtungen zugewiesen, wurde nach Abbruch der westlich anstoßenden Prälatur die Wohnung des evangelischen Prälaten und Vorstandes der Klosterschule, und wird jetzt von dem Ephorus und einem der Professoren des Seminars bewohnt. Das Gebäude stammt in

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0156.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)