Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

hohe blumige Spitzsäulen ausgehenden Strebepfeilern errichtet; der ans Paradies anstoßende Theil ist einstockig, weiter gegen Süden wird er zweistockig und von einem hohen, mit großer Kreuzblume bekrönten Giebel geschmückt. Sein zweites Geschoß dient jetzt als Holzstall, hier aber sieht man an der Rückwand noch einen Theil des zweiten Stockwerks der alten romanischen Klosterfassade. Man sieht noch das alte, kraftvolle Dachgesimse, bestehend aus hoher, oben mit starkem Rundstab besetzter Hohlkehle, dann vier schlanke Rundbogenfenster, sowie dazwischen ein großes, schwer umwulstetes, rundbogiges Portal, in dessen ebenes Umrahmungsglied viele Sternrosettchen und auch Fratzenköpfe eingemeißelt sind. Nach dem unten umhergehenden Gurtgesimse zu schließen, befand sich vor dem Portal ein hölzerner Altan (Austritt); auf diese Weise läßt sich auch allein ein großes Rundbogenportal im zweiten Stockwerk der Fassade erklären. Darunter, in dem spätgothischen Hallengang, erblickt man auch den eigentlichen Klostereingang, nämlich das Portal des an der Nordwand des Sommerrefektoriums hinziehenden tonnengewölbten Durchgangs. Es ist rundbogig, eingetreppt, mit Wulst, Karnies und Rundstab belebt und zeigt auf dem äußeren glatten Umrahmungsglied auf jedem Bogenstein eine Lilie, auf dem innern ein W. Ganz dieselbe Form hat die in den Westarm des Kreuzganges mündende Pforte dieses Durchgangs, auch ganz dieselben sorgsam ausgeführten Steinmetzzeichen und wurde gewiß von der gleichen Hand gemacht. Das W kommt auch sonst an der Westfront des Klosters häufig vor. Der Durchgang samt seinen Portalen hat große Ähnlichkeit mit dem im Kloster Bebenhausen (gegr. 1188). 1

Am Nordflügel des Kreuzganges, der Brunnenkapelle gegenüber, liegt kühl gegen Mitternacht der Sommerspeisesaal, das Sommerrefektorium, verketzert „Rebenthal“ genannt, eine stolze rechteckige Halle, 95′ lang, 42′ breit, 36′ hoch, der Länge nach durch sieben Säulen, drei starke und vier schlankere, in zwei Schiffe getheilt, die übersprengt werden von starken sechskappigen Rippenkreuzgewölben und zwar gehen die großen, im Halbkreis geführten Kreuzrippen von den drei starken Säulen aus. Über den Kapitellen der einzelnen Säulen strecken sich noch kanellirte Halbsäulen hinan und tragen hoch in das Gewölbe hinaufgehende halbrunde Bögen von demselben Querschnitt. Alle Säulen haben einen Schaftring und eigenthümlich platte, tiefgekehlte Füsse, die bei den stärkeren Säulen auf viereckigen, einst mit Eckblättern geschmückten, an den schwächeren auf achteckigen Sockeln ruhen. Ihre Kapitelle, mit reichen achtseitigen Deckplatten, sind schlank und meist von umgebogenen Blättern umhüllt, deren Ränder fein diamantirt sind, an den schwächeren Säulen greifen die Blätter weit und kühn, in stolzem Schwunge hinaus, an den Enden sich aufrollend; einige dieser Kapitelle sind

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0152.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)