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Im Reformationszeitalter griff Württemberg bei dem Kloster zu. Im Jahr 1553 begann Herzog Christoph seine Reformationsversuche; er schickte einige Räthe hin und begehrte von Priorin und Konvent, sie sollten ihn als Kastvogt, Schutz- und Schirmherrn anerkennen, ließ auch das Kloster und den Ort militärisch besetzen. Die Nonnen, da sie nirgendsher, auch von Hohenlohe nicht, Hilfe bekamen und immer stärker bedrängt wurden, mußten sich unterwerfen und den Herzog als ihren Schutz- und Landesherrn anerkennen. Im J. 1556 wurde auch bei ihnen die neue Klosterordnung durchgesetzt und am 31. August d. J. sangen sie ihr letztes Complet und Salve. Jetzt erst schritten die Grafen von Hohenlohe ein und verlangten, daß der Herzog von seinen Eingriffen in ihre und des Klosters Rechte ablasse, und der Herzog fand daher am räthlichsten, von ihnen das Eigenthum des Dorfes St. und ihre Rechte an dem Kloster zu erwerben. Er that dies am 31. Juli 1563 im Tausch gegen die Pfarrkollatur zu Orendelsall u. a. (Sattler, Herz. 4, 199, Scheffer 117).

Am 19. Juli 1564 erschienen die württemb. Räthe in St., um die Huldigung einzunehmen; da aber die Bewohner dieselbe verweigerten, wurde der Ort am 27. Juli abermals militärisch besetzt und die Huldigung konnte nur durch die schärfsten Maßregeln und Drohungen erzwungen werden. Die Nonnen ließ man im Kloster, wo die letzte von ihnen, Walpurgis, noch 1580 lebte. Durch den Vergleich vom 16. Jan. 1566, den bis 1806 gültigen Freiheitsbrief der Steinheimer (Scholl 83. 190), wurden die Verhältnisse des Orts unter Württembergischer Herrschaft dauernd fest bestimmt.

Nach Erscheinung des Restitutions-Edikts von 1629 bekam auch St. wieder katholische Nonnen, die aber bei Annäherung der Schweden entflohen, worauf den 20. Jan. 1632 Württemberg das Kloster von neuem besetzen ließ. Als im Sept. 1634 die Kaiserlichen den Ort plünderten und halb in Asche legten, blieb das Kloster unversehrt, sank dagegen 1643 in Asche (s. ob.). Nach Beendigung des dreißigjährigen Kriegs, durch dessen Drangsale die Familienzahl von 250 auf 50 herabsank, ließ Herzog Eberhard III. die Hofmeisterswohnung mit etlichen Wirthschaftsgebäuden an dessen Stelle aufführen.

Schweres Unglück über St. kam im sog. Orleans’schen Kriege von 1693. Sieben und dreißig Häuser (der am Berge hinaufgebaute Theil des Fleckens), welche im 30jährigen Kriege verschont geblieben waren, dabei das Schlößchen, wurden gänzlich niedergebrannt, alle ausgeplündert.

In Landbüchern des vorigen Jahrhunderts erscheint St. als ein

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0304.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)